Eine eigenwillige Reflexion auf (Kinder)Geburtstag
Eine eigenwillige Reflexion auf (Kinder)Geburtstag
Es ist ganz gut möglich, dass ich mich mit diesem Beitrag so richtig in die Nesseln setze. Anläßlich meines eigenen Geburtstags heute, möchte ich etwas über ‚Kindergeburtstag‘ schreiben.
Es ist für mich ein Thema, von dem ich denke, dass es bedeutsam ist, den Kindergeburtstag in irgendeiner Form im ‚Griff‘ zu behalten. Mit 6 Kinder, da weiß ich, wovon ich rede.
Ich erinnere mich noch sehr gut an den Beginn meiner Auseinandersetzung mit dem Thema, als meine älteste Tochter noch sehr klein war.
Ich wünschte mir, diesen ‚leisen‘ Umgang mit Geburtstag, dieses stille, anerkennende Sein an einem solchen Feiertag. Ich wünschte mir, dass die Kinder es mitbekommen, wie sehr sie gefeiert werden und willkommen sind. Was für ein besonderer Tag.
Ich erinnere mich auch, wie die älteste Tochter bis zu ihrem zweiten Lebensjahr einfach nur 10-15 Luftballons bekam und es sie glücklich machte. Ich erinnere mich an strahlende Kinderaugen und eine stille, ganz verkörperte Freude. Wundervoll.
Doch dann, ganz ohne mein aktives Zutun, beginnt die Welt den Geburtstag zu kapern. Freudig kommen die Gäste, mit bunten Päckchen, lauten und quietschenden Geschenken und einer großen Tasche voller Erwartungen. Erwartungen an ein Kind, wie es zu regieren hätte, wie Freude auszusehen hätte, wie man ein Päckchen auspackt und wie sich Geschwisterkinder verhalten müssten.
Weiter geht es damit, wie diese Welle von Konsum, Erwartung und Partyaction das Haus einnimmt.
Ich sehe, wie der Erwachsene vor dem Kleinkind steht und es animiert sich zu freuen und zu hopsen und zu quietschen, weil man die überschwängliche, künstliche Freude in das Kind hineinlegen will. Erwachsenen wollen sich schließlich mitfreuen.
Diese injizierte Freude kommt mir manchmal wie ein Parasit vor. Sie ist sich nicht selbst genug. Sie muss in die Kinder hineingelegt werden, um sich selbst laben zu können.
Schritt für Schritt, Geburtstag für Geburtstag wird die stille, unscheinbare, von innen aufkeimende Freude durch künstliche Welt ersetzt. Der Schein und das Entrückt sein müssen von der eigenen stillen, inneren Freude ablenken. Diese aufgepfropfte Freude kriecht durch jede Ritze und macht sich am Kuchentisch breit.
Für mich gibt es einen Unterschied zwischen Freude und Freude. Sie muss nicht notwendigerweise still und zurückhaltend sein, aber ich wünsche mir nichts mehr, als das sie die eigene Freude, das eigene Empfinden sein darf.
Ich erinnere mich auch an einen eigenen Geburtstag in der Kindheit. Die Tante hatte mir, mit so viel Mühe, diese Wollkleidchen genäht. Stunden investiert und einen weißen Kragen dran genäht.
Und ich stand da, eingefroren und starr. Ganz entsetzlich hat das Ding gekratzt und nun habe ich zu allen gesagt: „Ich will alles, nur das Kleidchen nicht anziehen.“ Noch heute bekomme ich diese Geschichte erzählt. Zur Cafetrinkenszeit am Nachmittag sicher wieder neu. Die Geschichte ist, dass ich damals die Mutter blamiert und mich undankbar gezeigt habe.
Da sind weiterhin Erwartungen, dass die Geschenke gefallen müssen und man sich freuen muss. Das man sich am Geburtstag mit allen Kindern gut vertragen muss. Man muss, so die Erwartung schon als Kind den ganzen Tag strahlen und alles im Griff haben.
Dabei ist dieser Tag in der Regel ein Tag voller Tretmienen. Ich spreche aus Erfahrung. Ich höre inzwischen die Geschichten der älteren Kinder. Dann wird mir um so klarer, wie sehr dieser besondere Tag im Jahr aufgeladen wird mit den unglaublichsten Erwartungshaltungen und Enttäuschungen. Meist habe ich sie als Mutter an diesen Tagen garnicht wahrnehmen können. Erst am Abend hat sich eine Schleuse geöffnet und manchmal das ganze Leid des Tages offenbart.
Da war sie traurig, weil sie nicht das richtige Geschenk bekommen hat. Da wollte er eigentlich gar nicht feiern, wurde aber dazu überredet. Da wollte sie die blöde Freundin nicht einladen, jemand hat sie aber überzeugen wollen, denn sie ist ja die Tochter der Freundin der Mutter. Da hat er aber ein größeres Geschenk bekommen, als das Geschwisterkind im vergangen Jahr. Da hat der Bruder mit der besten Freundin gespielt und daher die ganze Party ruiniert. Es wurde dann doch nicht das Lieblingsessen gekocht. Die Geschenke der Freundin waren dann doch nicht richtig. Auf dem Geburtstag des Freundes gab es eine große Tüte voll Geschenke, die eigene Mutter macht das nicht, das ist peinlich.
Am Abend dann sind oft die Bauchschmerzen da, nicht nur, wegen dem Übermaß an Essen, sondern der Bauch ist auch angefüllt mit dieser Überdosis an Emotionen, die gut sortiert sein wollen, wo aber den ganzen Tag über die Zeit nicht da war. So mancher Kindergeburtstag endet Abends in Tränen, weil die Emotionen den ganzen Tag über keine Zeit ließen sich selbst im eigenen System zu sortieren.
So oft habe ich den Eindruck, dass dieser Geburtstagsstress selbst gemacht ist. Irgendwann früher oder später erlauben wir es, dass die Welt, damit meine ich die Gesellschaft mit all ihrem Pomp und Tschingderassabum, die noch zarte Welt der Kinder überrollt. Irgendwann kommt sie durch die Haustür, die Welt, und nimmt die Kinder aus ihrem eigenen Empfinden, aus ihrer bunten, sehr persönlichen Innenwelt.
Diese bunte und eigene Innenwelt, die, die uns nährt und satt hält, die nichts braucht und selbst genügsam ist, wird überrollt und erobert von der anderen Welt, die so laut und fordernd daher kommt.
Und meine Herausforderung als Mutter bestand für mich seit jeher darin, zu versuchen ein gewisses Gleichgewicht zu halten. Die Fahne oben zu halten für die stillen und leisen Töne, für das eigene Gespür und Empfinden. Für ein anderes Bild von Geburtstag. Für genau das, was die Gelegenheit geben könnte, die Freude und Dankbarkeit zu erfahren für das Leben. So schlicht und simpel, dass es nicht der Rede wert zu sein scheint. Aber eben nur so scheint, denn das wäre es eigentlich, was ich den Kindern so gerne vermittelt hätte, wenn die Pauken und Trompeten und die Gier nach Geschenken nicht so selbstverständlich übernehmen würden.
Ich habe mich damit garantiert unbeliebt gemacht bei den Kindern. Ich war sicher hier und da langweilig und altbacken, unflexibel und verbohrt, wenn ich bestimmte Dinge und Auswüchse bezüglich eines Kindergeburtstages, nicht durch die Haustür hereingelassen hatte. Ich bin keine Tortenbäckerin und auch keine Animateurin und Party-planerin. Ich möchte einfach, dass es ein schöner Tag ist, auch mit Zeit. Ich mochte es eher klein als groß. Aber die Kinder haben über Zeit natürlich ihre eigenen Vorstellungen entwickelt. Klar!
Es war mir aber auf Sicht nicht möglich dem viel entgegen zu setzen. Der Druck ist ausgesprochen groß.
Doch das Beispiel mit den Kindergeburtstagen empfinde ich als so passend dafür, was exemplarisch geschieht, wenn die „Welt“ die Kinder überrollt, statt ihnen Gelegenheit zu geben sich langsam und selbstbestimmt einzufügen und den eignen Platz zu finden. Dies um so besser, wenn es aus der tiefen Verbundenheit mit dem eignen Empfinden und Wesen geschehen kann.
Und dann gehe ich nun heute meinen eigenen Geburtstag an, wohl schauend und empfindend und mit großer Dankbarkeit, aber eben nicht nur für die von Gratulanten gegebenen Geschenke. Insbesondere aber für das eine Geschenk.
Wie Eltern auf das unsichtbare 'Konto Selbstliebe' einzahlen können.
„Stop! Nein!“
Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass ein Baby oder Kleinkind alle 9 Minuten ein ‚Nein‘ erfährt.
In einigen Fällen mag das sinnvoll und sichernd für das Leben des Kindes sein. In vielen anderen Fällen ist es hingegen mit Sicherheit so, dass die ‚Nein‘, die von Erwachsenen zum Ausdruck gebracht werden, einen mehr erzieherischen und Macht ausübenden Charakter haben.
Gerade im Leben mit Kleinkindern versuchen viele Eltern ihrem ‚Nein‘ mit der Hoffnung Ausdruck zu geben, dass sich im Kinde etwas heranbilden würde, dass es sogleich lernt und (versteht), dass man dies und jenes nicht macht. Man erhofft sich durch diese Erziehungsmaßnahmen beim Kleinkind, dass sich in ihm eine Art ‚Verständnis‘ heranbildet und wenn dieses Verständnis dann oft genug untermauert und bestärkt und dann verstanden wäre, es dieses und jenes nicht mehr tun würde.
Dabei ist es in vielen Fällen so, dass das, was das Kleinkind zu versuchen gedenkt, der Ausdruck seines inneren Antriebes und seines ureigenen Interesses ist. Es ‚muss‘ in diesem Moment genau das tun und seine Motivation ist eine ganz andere, als die Erwachsen zur selben Zeit meinen.
- Nein, du darfst das nicht nicht auf den Boden schmeissen, es geht kaputt. (Vor einiger Zeit ist der Mama was aus der Hand gefallen, das ist kaputt gegangen. Es hat so ein tolles Geräusch gemacht)
- Nein, du darfst jetzt nichts essen, damit du gleich Hunger auf ‚was Richtiges‘ hast. (Mama kocht, es riecht gut und sie schleckert immer mal am Essen, ich will auch was)
- Nein, du darfst nicht mit dem Essen manschen. (Ob man da was mit bauen kann, das klebt so an den Fingern? Mama hat gestern Kuchenteig an den Fingern gehabt, ich auch, das hat Spaß gemacht. )
- Nein, du darfst jetzt nicht raus gehen. (Ich habe draussen die Katze gesehen, ich will sie streicheln, sie hat nach mir gerufen, ich mag die Katze)
- Nein, du darfst nicht mit der Regenjacke in die Kita gehen, die Sonne scheint. (Die Regenjacke ist eine schöne Jacke, so bunt und ausserdem ist es die, die ich gerade gefunden habe, klasse)
- Nein, du darfst jetzt nicht Zähne putzen, dass machet man immer erst nach dem Abendessen, weil…. ( Ich habe im Fernsehen gerade die Werbung gesehen, da war ein kleiner Dino, der auf der Zahnbürste getanzt hat)
In meinen Seminaren erkläre ich, dass sich durch das eigenständige, selbstbestimmte Tun im Kinde etwas heranbildet, was das Kind, auf Sicht gesehen, stärkt. Dieses eigenständige, selbstermächtigte Tun stärkt die Selbstwirksamkeit und damit etwas im Kinde, was ihm Ausdruck, Kraft und Stärke gibt.
Im weitesten Sinne stärkst du durch dein Gewähren und Zulassen die Selbstliebe im Kind. Durch seine Selbstwirksamkeit lernt es, selbst sein unmittelbares Bedürfnis erkennen und daraufhin in Tatkraft und Tat umzusetzen. Es erfährt Wirksamkeit und damit erfährt es, dass es selbst einen Unterschied machen kann. Es hat etwas vollbracht. Es hat damit Gelegenheit durch sein Tun mit seinem Innersten in Kontakt zu sein und zu bleiben. Dies in sich abzubilden und dem Form zu geben, ist gelebte Selbstliebe.
Erwachsene, wie Kinder wollen wirksam sein, wollen etwas bewirken, ein Veränderung hervorbringen. Dies ist eines unserer Grundbedürfnisse. Dies zu erkennen ist in meinen Augen sehr wichtig.
Die Beziehung zwischen Eltern und Kleinkindern ist oft sehr stark von Erziehungsgedanken und Erziehungstaten geprägt. Aus meiner Erfahrung wirkt sich eine übermächtige Beziehung, die mehr Erziehung- und Formungsgedanken des Kindes im Vordergrund hat, sehr stark auf die Erfahrung von Frieden und Leichtigkeit im Alltag mit Kind aus.
Ein Zuviel an Maßregelung und Verboten, sowie Erziehungsversuche, die jetzt düngen wollen, damit irgendetwas in Zukunft nicht mehr passiert, stauen eine Menge Energie im Kinde an, bringen kleine Kinder in die Enge.
Ich gehe fest davon aus, dass viele Probleme im Alltag, wie Schlafprobleme, Probleme bei Tisch und ähnliches, im Grunde angestaute, nicht gelebte, unterdrückte Impulse der Selbstwirksamkeit sind.
Eine völlig unterschätze Qualität von Erziehung ist, den Kindern in großem Maß die Gelegenheit zu geben gut mit dem ‚eigenen-inneren-Computer’ umzugehen. Das bedeutet für mich, den eigenen Bedürfnissen der Kinder, ihrem eigenen Antrieb, ihren Vorstellungen, gerade im Kleinkindalter eine große Bedeutung zu geben.
Dieser Gedanke ist heute noch immer widersprüchlich zu den Grundlagen der Erziehung in der weiter zurückliegenden Vergangenheit, in der man glaubte, dass man den Willen des Kindes brechen müsse, damit es uns später nicht auf der Nase herum tanzt und sich einfügt.
Ich bin nicht dieser Meinung. In der Generation meiner Eltern und in der meiner Großeltern, spielten deren Bedürfnisse eine sehr untergeordnete Rolle. In meiner Generation und der meiner KlientInnen geht es ganz mühsam darum, die eigenen Bedürfnisse überhaupt zu erkennen und sich dafür stark zu machen.
In der Generation der Kleinsten geht es in meinen Augen darum, diesen so oft als möglich die Gelegenheit zu geben, bei ihren Bedürfnissen bleiben zu können.
Jetzt ist die Zeit gekommen, in der es darum geht, dass sowohl Erwachsene, wie auch Kinder ihre Bedürfnisse erkennen und Mittel und Wege finden, auf sinnvolle Art darüber zu verhandeln, wohlwollende Ergebnisse zu erzielen.
Das ist mein Bedürfnis, das benötige ich, was ist dein Bedürfnis, was braucht du?
Eine neue Zeit hat längst begonnen, es ist eine Zeit, in der die Beziehung zum Kinde dazu dient, dass Eltern und Kinder gemeinsam wachsen.
Durch meine Beratungs- und Seminartätigkeit helfe ich Eltern eine neue Sicht auf die Herausforderungen zu bekommen, die sie im Alltag mit den Kindern haben. Ich helfe diese Orte im Innen und Außen zu ermöglichen, an denen ein miteinander Wachsen möglich wird. Hier findest du meine Angebote, vielleicht ist für dich etwas dabei?