Natürliches lernen. Was ist es? Wo geht es schon verloren?
Natürliches lernen. Was ist es? Wo geht es schon verloren?
Natürliches Lernen steht in unmittelbarem Bezug zu den persönlichen Erfahrungen und damit dem individuellen Erleben.
Es hangelt sich bestenfalls an den eigenen Bedürfnissen entlang und ist damit selbstgesteuert und aus dem Innersten eines Menschen initiiert.
Heute möchte ich im übertragenen Sinne eine Lupe zur Hand nehmen und etwas genauer untersuchen, was in meinen Augen natürliches Lernen ausmacht. Ich möchte dich mit diesem Text an die Tatsache heranführen, dass natürliches Lernen bei den meisten Menschen, durch den Prozess der Erziehung, verschüttet wurde und weiterhin verschüttet wird. Dazu ein Beispiel.
Du kennst ja sicher den Konflikt zwischen Menschen, die der Meinung sind, dass man kleinen Kindern in der Sauberkeitserziehung nahelegen müsste, dass sie sich auf das Töpfchen setzen und ‚akitv‘ dafür sorgen, dass sie Pipi machen oder den Darm entleeren. Man möchte den Kinder etwas beibringen und sagt etwas wie: „Nun drück mal!“ Ich habe auch schon Erwachsene gesehen, die auf vor dem Kind auf eigenwillige Weise das Gesicht verziehen und damit aufzeigen wollen, dass ein ‚machen‘ erforderlich ist. Man kreiert im Kind den widernatürlichen Weg, dass Pipi machen ein aktiver Prozess sei. Der natürliche Lernprozess des Menschen, der simple körperliche Vorgang des ‚Wasser lassens’ wird verstellt.
Dann gibt es andere, die der Meinung sind, dass die Sauberkeitserziehung etwas ist, was sich im Kind von alleine einstellt, je weniger man diesen Prozess durch Hinterfragen oder erpresserische Anregungen forciert. Demnach ist die Sauberkeit ein Bedürfnis und hat etwas mit Körperbewusstsein, mit Reife und der Fähigkeit im richtigen Moment loszulassen zu tun. Ja, Pipi machen ist ein Prozess des Loslassens.
Das erste Beispiel oben möchte eine Anregung dazu geben, wie tief Erwachsene, oftmals durch Unwissenheit, in die natürlichsten, menschlichen Lernprozesse eingreifen und diese, manchmal sogar bis zur Unkenntlichkeit verbiegen.
Einem natürlichen Vorgang wird etwas Künstliches aufgepfropft. Simple, von innen geleitete Vorgänge werden für das Kind verdreht.
Intelligent und geschmeidig im Lernprozess, wie junge Menschen nun mal sind, gehen sie mit diesen Vorgaben mit. Sie glauben, dass das, was man ihnen bezüglich der Alltagsdinge im Lernprozess eines jungen Menschen, sagt, ‚richtig‘ ist. Sie übernehmen das, was man ihnen vorlebt und sagt, aber der Preis ist hoch.
Das Ergebnis ist, dass junge Menschen ihr Körperwissen und ihre Körperweisheit zu Gunsten der erlernen Vorgaben der Erwachsenen verkaufen. Sie opfern, wenn auch unbewusst, ihre körperliche Superintelligenz, die eigentlich das Hauptnavigationssystem für ihren weiteren Lernweg im Leben ist.
Sie geben ihr Orientiertungs’gerät’ auf und werden damit zukünftig abhängig von den Vorgaben und Vorlagen der Erwachsenen, die damit einen künstlichen und pervertierten Lernprozess im Kind fortschreiben.
Anders kann man die Tatsache nicht erklärten, dass Kinder, die aus etwas unfreieren Lernumgebungen kommen und plötzlich, etwa in einer freien Schule sind, oftmals lange Zeit brauchen um wieder ihren eigenen, inneren roten Faden aufzuspüren.
Das zeigt sich dann darin, dass es passieren kann, dass sie für Wochen, Monate oder Jahre nichts tun. Sie durchleben sehr verunsichernde Zeiten, des nicht wirklich wissen, was sie mit sich anfangen sollen. Das ist dann der Moment, wenn die unwissende und ebenfalls verunsicherte Umgebung in Form von Erwachsenen auf sie zukommt und sie anregen und inspirieren will. Die Zeit des vermeintlichen Nichts-Tuns ist genau die Zeit, in der Eltern oft Angst bekommen und ihre Entscheidung für einen freien Lernweg in Frage stellen.
Eine erfahrene Lernumgebung weiß um diesen Umstand und gestattet den Kindern wahrhaft abzutauchen in diesen verwirrenden und abgedunkelten Prozess. Hier geht es darum, sich wieder auf den selbstbestimmten und vor allem auch selbstgesteuerten Lebenslernweg einzulassen. Es ist, als ob der Mensch in einer geeigneten und vor allem auch wohlwollenden Umgebung regelrecht zurückfinden muss zu den zarten Regungen in ihm. Es geht darum wieder herauszufinden, was die eigenen Bedürfnisse sind und was die erforderlichen Handlungen sind, um sich selbst zu regulieren und eigen-initiativ zu sein. Das Kind findet dabei heraus, was es tun muss, damit es dem eigenen Weg wieder den Atem einhauchen kann.
So gibt es in diesem Zusammenhang unzählige Beispiele, denen allen gemein ist, dass wir, im Zuge des Erziehungsprozesse g e l e r n t haben unser Nervensystem auf unangemessene Weise zu gebrauchen und dies unreflektiert an die Kinder weitergeben, weil wir es noch nicht gewohnt sind in der Tiefe in Lernprozesse zu schauen. Wir sind es gewohnt für Kinder lernen viel zu früh zu verkopfen, weil wir es selbst nichts anderes gelernt haben, geben wir es unbedacht an die Kleinsten weiter.
Wir halten das Verdrehte im Lernprozess der Kinder für normal und das Natürliche im Lernprozess der Kinder kommt uns befremdlich vor.
So haben Erwachsene wie Kinder also mit einem künstlich aufgepfropften Stress zu tun. Die Überanspannung unseres Nervensystems nehmen wir kaum mehr selbst wahr und geben es ungefiltert direkt an die Kinder weiter.
- Kinder werden nicht gelassen im Hören, sondern sie bekommen mehrfach am Tag gesagt, dass sie mal genau hinhören sollen. Somit bringen sie Anstrengung in ein natürliches ‚hören‘.
(Spür mal hin, was du mit deinem Nervensystem tust, wenn ich dich bitte, mal genau hinzuhören.)
Die Töne kommen dann nicht weiterhin einfach zu dir, sondern du strengst dich an, um zu hören.
Das ist fehlgeleitetes Lernen. - Man gestattet den Kleinkindern nicht, den ihrem Alter angemessenen, natürlichen, weichen Blick. Stattdessen sagt man ihnen, durch verfrühtes Verschulen, wo, wie und wohin sie mit Anstrengung ihren Blick (ihre Aufmerksamkeit) richten mögen. Das vielleicht sogar gegen ihr inneres gerichtet sein auf etwas, was sie in diesem Moment viel eher interessieren würde. Das ist fehlgeleitetes Lernen.
- Das Kind mag das Essen nicht essen. Es riecht nicht gut. Sofort verschließt sich der Magen. Es ist eine Nahrung, die es im Moment nicht essen mag/ kann. Man überredet es, wider seinem Körperwissen. Das ist fehlgeleitetes natürliches Lernen.
- Das Baby ist satt. Mit seiner Zunge signalisiert es, dass es nicht mehr essen mag. Man möchte aber die 3 Löffelchen Nahrung noch geben, dann ist das Schälchen leer. Das ist fehlgeleitetes natürliches Lernen.
- Das Kind interessier sich gerade nicht für Buchstaben. Sein System vielleicht gerade darauf aus sich zu bewegen und Nachlauf zu spielen. Man bewegt die Kinder aber in Richtung Buchstaben, man hat allerhand gute Überredungskünste dafür. Es erscheint alles so schlüssig. Es ist nun mal wichtig jetzt Buchstaben zu erlernen. Jetzt, weil jetzt eben Deutschstunde ist. Das ist fehlgeleitetes natürliches Lernen.
- Jugendliche interessieren sich gerade nicht für dieses oder jenes Thema. Für sie ist vielleicht gerade eine Zeit, in der die sozialen Aspekte des Umgangs miteinander eine bedeutendere Rolle spielt. Es ist die Zeit, in der man vielleicht miteinander auf der Couch abhängt und über alles mögliche philosophiert. Nur um Minuten später mit einer großen Energie andere Dinge zu tun. Wir aber zwingen die jungen Menschen in Umstände, die sie gar nicht interessieren. Das ist fehlgeleitetes natürliches Lernen.
Natürliches Lernen bedeutet in der Tiefe eben auch, Lernprozesse für junge Menschen zu ermöglichen, die sie nah an ihrem Körperwissen und ihren jeweiligen unmittelbaren, natürlichen Bedürfnissen entlang hangeln läßt.
Das würde für mich bedeutet, dass junge Menschen die Chance erhalten, sich natürlich an dem entlang zu entwickeln, was ich einfach mal die natürlichen Vorgänge im Körper nennen möchte. Sie würden nicht von klein auf erlernen, unnötigen Stress und eine Überanspannung des Nervensystems auf ihrem intelligenten Körper aufzulagern, nur, um von außen vorgebenen, oftmals sogar irrigen Vorstellungen zu genügen.
Wir würden damit aufhören Kinder, durch unsere verkopften und künstlichen Vorstellungen von einem natürlichen Lernprozess zu entfernen. Stattdessen würden wir Ihnen durch Einsicht und Selbsterkenntnis ermöglichen, Herr oder Herrin ihres einzigartigen Körperwissens zu bleiben. Wir würden damit aufhören, die feinfühligeren und sensiblen Lebens- und Lernäußerungen von Kindern mit künstlich eingeimpftem Stress zu verdrehen.
Das sind einige Beispiele, die dir aufzeigen sollen, dass das Ermöglichen eines natürlichen Lernprozesses weitaus früher anfängt, als wir meinen und das die Grundlagen dazu, die schon in der Babyphase gelegt werden, die eigentlichen Voraussetzungen sind, um einen freudvollen, aus eigenem Antrieb geleiteten Lernweg zu haben.
Wenn Eltern sagen, dass das Kind sich nicht mit sich selbst beschäftigen kann, oder das Kind nicht lernen würde, wenn man als Erwachser nicht dahinter her wäre, dann wurde das ‚Kind mit dem Bade‘ bereits ausgegossen.
Damit ist nicht alles verloren, aber der Weg zurück in einen frei und selbstbestimmten Lernweg will dann mit einigem Aufwand zurück erobert werden. Dazu braucht es Erwachsene, die für diese Wege ein Verständnis haben, oder selbst diesen Weg gehen oder gegangen sind.
Dir und deinem Kind bin ich dabei gerne eine Unterstützung. Ich helfe Eltern und Fachpersonen auf ihrem Weg, Kindern einen freien und selbstbestimmten Lernweg zu ermöglichen. Meine Kontaktdaten findest du hier.
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Würdest du mir mal bitte einen Zettel unterschreiben, auf dem steht, dass du ab heute eigenverantwortlich bist und (etwa) nicht mehr rauchen wirst, oder du wirst innerhalb der kommenden Woche dieses unangenehme Gespräch mit deinen Eltern führen. Vielleicht könntest du auch unterschreiben, dass du dich dafür einsetzt ab kommenden Monat 250 € mehr zu verdienen. Übernimm doch die Verantwortung für einen minimierten Plastik Verbrauch oder du wirst ein halbes Jahr keinen Zucker essen, die Kohlenhydrate minimieren.
Es geht darum Eigenverantwortung zu übernehmen, verstehst du? Nichts leichter als das. Wir setzen uns einfach zusammen und führen ein 15 minütiges Gespräch und zack füllst du dieses Formular aus und kannst dann schon gleich wieder nach Hause gehen. Vielleicht könntest du noch eine Person mitbringen, jemand, der Zeuge dieses Aktes war und dich dann zu Hause bezüglich deiner Unterschrift so richtig gängelt.
Glauben einige Menschen ernsthaft, dass man Kinder in dieser Art in die Eigenverantwortung leiten könnte? Ja, dafür lassen wir dann die Noten weg, verstehe!
Wie geht es denn? Wie leitet man Kinder in eigenverantwortliches Verhalten? Wie könnte man das machen?
Nun, man nimmt ihnen einfach die Eigenverantwortung ab und macht bis zum 15 Lebensjahr alle Ansagen. Man sagt, den jungen Menschen, wo es lang geht. Man strukturiert ihren Tage und hat große Vorstellungen dazu, was sie alles lernen sollten. Man ist der Taktgeber im Alltag. Man hält sie geschäftig und baut Kontrollstrukturen auf. Man zieht mit der Schule an einem Strang. Vormittags übernimmt die Schule den Job und Nachmittags die Eltern. Dafür sorgen alle einvernehmlich. Einmal, vielleicht auch zweimal im Jahr treffen sich dann alle Beteiligten zu einem Lernentwicklungsgespräch (LEG) in der Schule. Man fragt das Kind, wie gesagt, links sitzt die Lehrerin und rechts mindestens ein gestresstes Elternteil: „Na, worin willst du dich denn im kommenden Schuljahr verbessern?“ Und das Kind antwortet garantiert völlig frei aus der Seele heraus, dass es noch nicht gut genug in Mathe ist und fortan nachmittags 30 Minuten mehr Mathe einplant. Auch hat das Kind bemerkt, dass es Schwierigkeiten mit dem Kind XY hat. Das will es aber gerade deshalb zu seinem nächsten Geburtstag einladen und nicht zu vergessen, es wird Mutter bitten, es doch für eine Legastheniker Testung anzumelden. Das Kind beschreibt, dass es seit langen Schwierigkeiten hat, mit der Rechtschreibung. Könnte das wahr sein?
Spaß bei Seite. Das ist es doch tatsächlich, wie viele Menschen meinen, dass man junge Menschen in eine eigenverantwortliches Leben/Lernen geleiten sollte. Ich glaube das nicht.
Die Vorstellung dazu, dass viele Kinder diese beklemmende, unangenehme und verlogene Situation erleben müssen, tut mir in der Seele weh. Kann jemand diesen Irrsinn stoppen?
Ja, aber, wie es denn nun wirklich? Wie entsteht eigenverantwortliches Verhalten? Wie kann es wachsen?
Eigentlich ist es ja gar nicht so schwer. Eigenverantwortung kann wachsen, wenn man die Eigenverantwortung auch bekommt. Nicht etwa schlagartig, mit dem Jugendalter, nachdem bis dahin andere diese Eigenverantwortung getragen haben, sondern von Geburt an. Stück für Stück in den Feinheiten und indem sich die Erwachsenen immer mehr hinausnehmen.
Eine gute Grundlage ist ein tiefes Wissen und Vertrauen, dass das Kind sich selbst gehört und dass es von Geburt an (in gewisser Weise auch schon vorher) eigenständige Entscheidungen trifft. Es hat ein wunderbares Körperwissen, dass zunächst noch ganz unverblümt und unverstellt die Vorgaben macht. Das Kind weiß, wann es müde ist, wann es interessiert ist, woran es Interesse hat. Es weiß, wann es Hunger hat und wann es Nähe braucht, wann es satt ist und was es mag und was nicht. Es weiß, wie lernen geht und wie man aus der Rückenlage kaum ein Jahr später auf den Füßen steht und laufen kann. Ist das eigene Körperwissen nicht eine wunderbare Grundlage? Ist es nicht der richtige Ansatz, dieses Wissen wertzuschätzen und nicht zu opfern?
Vielleicht wirst du denken, was hat denn diese Information nun mit den schulischen Herausforderungen zu tun? Wie passt das übereinander? Ist das nicht etwas weit hergeholt?
Nein, für mich ist das gar nicht weit hergeholt. Es soll einfach aufzeigen, was verloren gegangen ist. Im Zuge der Erziehung ist das einfach, simple Wissen der Kinder, was ursprünglich mal das Körperwissen war, einfach dahingeschmolzen. Wir Erwachsenen haben es geopfert für Ansätze, die ich oben im Text zum Ausdruck gebracht habe.
Wir Erwachsenen glauben doch tatsächlich irgendwie, dass Lernen ab einem ganz gewissen Alter über den rationalen Verstand passieren würde. Man trifft eine Entscheidung, notiert es auf einem Formblatt. Setzt als Bezeugung der erzwungenen, korrupten, angeblichen Eigenverantwortung, eine Unterschrift darunter und „zack“ – läuft!
Wie viele, für Kinder verantwortliche Menschen, glauben das wirklich?
Lass uns zurück zum ursprünglichen Körperwissen gehen. Das scheint mir ein sehr wertvollerer Ansatz zu sein. Hier liegt für mich der Schlüssel für das prozesshafte über Jahre Hineinwachsen in persönliche Verantwortung. Das ist die Basis und das ist die Grundlage, auf die alles aufbaut.
Es ist sicher nur ein Aspekt von vielen, die Eigenverantwortung ermöglichen, aber mir ist dieser Aspekt im heutigen Beitrag besonders wichtig.
Was würde geschehen, wenn wir diesem ursprünglichen Körperwissen der Kinder wieder mehr Bedeutung schenken würden? Was würde geschehen, wenn wir Kinder im Zuge einer Bildung nicht vorzeitig von ihrer unmittelbaren Körperintelligenz trennen würden? Was würde es bedeuten, wenn wir nicht vorzeitig aus diesen tollen Bauchmenschen, verunsicherte und manipulierte Kopfmenschen machen würden? Was würde geschehen, wenn wir im Zuge eine Bildung abwarten könnten, bis der Kopf sich selbst auf natürliche Art und Weise auf die Bühne bringt?
Ich glaube, dass wir damit wesentlich bessere, vor allem gesündere Grundlagen schaffen würden, damit junge Menschen nicht in eine erzwungene, verstellte Eigenverantwortung wachsen würden. Sie würden einfach weiterlernen, so wie mal alles begonnen hat. Sie hätten das Heft in der Hand (die Verantwortung).
Und dann hätte ich gar nichts dagegen, wenn irgendwann einmal etwas dazu kommt, was man vielleicht Schule nennen könnte. Da würden sie dann einfach weiter machen, selbst verantwortlich zu sein, ganz so, wie sie es dann seit Jahren waren. Sie würden einfach weiterlernen und es gäbe keine Lernentwicklungsgespräche mehr. Diese wären dann obsolet. In diesem Bild Lernen gäbe es diese unsäglichen Gespräche nicht. Wozu auch?
Es gäbe Erwachsene, die einfach nur mit Kindern leben, auch in dem, was man vielleicht Schule nennen würde. Man würde viel mehr beobachten, was Kinder tun, wie sie lernen und wie sie sich ihr Wissen organisch „erarbeiten“. Vielleicht gäbe es auch so etwas wie Schulstunden. Eine Zeiteinheit, in der die Menschen zusammen kommen, die sich für ein bestimmtes Thema interessieren?
Es gäbe auch Menschen dort, die in der Lage sind andere zu unterstützen, wenn die Eigenverantwortung durch Streit oder Uneinigkeit, ins Wanken gerät. Unterstützer, die ein Wissen davon haben, dass es neben dem Kopf auch noch einen Körper, vor allem eine Seele gibt. Menschen, die ausgebildet sind und wissen, welche Rolle die Emotionen in dem ganzen Lernwerk haben und das man das nicht einfach sauber trennen kann.
Wenn das so einfach wäre, wie man uns das so gerne weiß machen will, dann würden wir Erwachsenen doch einfach nur allerhand Zettel unterschreiben, in dem wir uns verpflichten treu zu bleiben, oder mehr Sport zu machen, gesündere Lebensgewohnheiten zu haben, Verantwortung für die Erde zu übernehmen oder einfach nur zu lieben. Zack !
Wenn das so einfach wäre mit der Eigenverantwortung, dann würden wir es doch tun. Wir würden unterschreiben, dass wir vom jetzigen Moment an Verantwortung übernehmen für diese unsere Erde, uns kümmern und Dinge unterlassen, die bezeugen, dass auch viele Erwachsene noch immer nicht terrestrisch reif sind, d.h. in der Lage sind, wahrhafte Verantwortung für das größere Ganze zu übernehmen.
So, wie man uns das in der Vergangenheit hat lehren wollen und so wie wir das weiterhin stümperhaft an Kinder weiterzugeben suchen, kann das mit der Verantwortung für das größere Ganz gar nicht funktionieren.
Da bin ich schon sehr froh, dass es auch eine Menge junger Menschen gibt, die sich diese Reife und den Sinn für Verantwortung, warum auch immer, haben erhalten können . Das gibt mir Hoffnung.
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Man kann sicher der Tatsache kaum widersprechen, dass Kinder vor Schulantritt (inzwischen muss man vielleicht auch Kindergarteneintritt sagen) am besten lernen. Anders formuliert könnte man sagen, dass Kinder besser wissen, wie Lernen ‚funktioniert‘ als Erwachsene.
Für mich sieht es so aus, als ob sie im allgemeinen ein inneres Wissen dazu haben, wie genau die Abläufe sind, die förderlich sind, damit auch der Verstand sich optimal entfalten kann. Ich schreibe ganz bewusst ‚auch der Verstand‘, denn es gibt ja eine ganze Menge mehr, was sich in Einklang mit dem Verstand entfalten möchte.
Weiß gemacht wird uns hingegen landläufig, als ob es lediglich nur um die Entfaltung des Verstandes ginge.
Es gibt also ein ganz bestimmtes Wissen, was offensichtlich die meisten Kinder in sich tragen. Es ist ein wundersamer Prozess, der läuft, um so besser, je weniger man ihn behindert. Sie haben eine natürliche Art, in ihren Entwicklungsprozessen zu ‚floaten‘, genau so lange, bis wir Erwachsenen ihnen diesen selbstbestimmten und sich selbst nährenden Aspekt der Entfaltung abgewöhnt haben. Die Methoden sind mannigfaltig. Wir Erwachsenen nennen das auch Erziehung.
Je genauer man darüber nachdenkt, desto wahnwitziger ist schon unsere Grundeinstellung zu diesem einmaligen und super effizienten Weg, den Kinder nun mal in sich tragen.
Ab einem bestimmten Alter, glauben wir, dass es wichtig wäre, junge Menschen in die Schule zu schicken. Wir sind so anmaßend zu meinen, dass wir ihnen an diesem Ort lehren müssten, wie man seinen ‚Denkapparat’ benutzt.
Haben sie nicht bis gestern noch die wunderbarsten und komplexesten Dinge gelernt, ohne, dass jemand ihnen Vorgaben gemacht hätte, wie das zu bewältigen sei? Haben sie nicht Sprache (n) gelernt, gehen, klettern, zählen, wie man bei Opa Süssigkeiten bekommt, obwohl Mama das nicht will und wie man Fahrrad fährt? Haben sie das nicht alles in einer je individuellen Weise erlernt? Von Eltern, die auf dem Land leben, in der Stadt, am Meer, im Dschungel in der Wüste oder in den Bergen? Wo es warm ist oder kalt? Wo man einsam lebt oder inmitten großer Menschenmengen?
Kinder haben einen wunderbaren Weg zu lernen, bis zu dem Moment, wo Erwachsene meinen ihnen ‚Denken‘ lehren zu müssen. Ist es nicht vielmehr so, dass wir sie zwingen, einen funktionierenden und optimal abgestimmten ‚Lernweg‘, einen natürlichen und vor allem höchst wirksamen Weg, durch mangelhafte Denkweisen zu ersetzen?
Die Folgen davon sind für mich erschütternd. Da Kinder so unglaublich anpassungsfähig sind und eine Menge wegstecken können, gibt es sicherlich viele Kinder, die diese Geisteskorruption wegstecken und innerhalb eines verkrampften Weges auch noch ‚happy‘ sein können. Die meisten allerdings werden auf diesem Weg aus ihrer natürlichen Funktionsweise gehebelt und zahlen einen hohen Preis dafür.
Der Preis der Verdrehung der natürlichen Funktionsweisen ist mit Sicherheit Entmutigung und damit ein großes Maß an Verunsicherung. Vertrauen in die je individuellen Stärken und Fähigkeiten muss weggeparkt werden. Lernen, die natürlichste Sache der Welt, wird zu etwas Ödem, dem man sich am Besten entzieht.
Ihre natürlichen Verstandeskräfte gebrauchen unsere Kinder dann nicht mehr für das, was sich ganz natürlich in ihnen entfalten würde, sondern die Kräfte werden fortan dafür verblasen, Widerstände aufzubauen. Junge Menschen sind gezwungen Kräfte zu mobilisieren, um dem aus dem Weg zu gehen, was wir uns so pädagogisch wertvoll ausgedacht haben. Sie werden da hinein gedrängt, natürliches Lernen zu verlernen, um sich dann mit enormem Kraftaufwand das anzueignen, was sie sich ja selbst aneignen würden, wenn man ihnen nur ein Feld zutrauen würde, Erwachsene zur Seite stellen würde, die das auch ermöglichen.
Das ist doch alles ein bisschen schräg, oder?
Und ja, es funktioniert. Kinder durchlaufen ja ihre Schulzeit, sie machen Abschlüsse und so weiter. Es funktioniert doch, wird der eine oder andere denken. Warum also dieser Wirbel hier?
Doch ich bin der Meinung, dass der Preis, den junge Menschen zahlen, wenn sie durch dieses, unsere derzeitiges Schulsystem durch sind, viel zu hoch ist. Ich bin der Meinung, dass wie durch unsere Ansätze, die natürlichen Lernprozesse für Kinder regelrecht pervertieren. Wir machen das unkenntlich, was sich eigentlich entfalten könnte, wenn wir den natürlichen Lernprozessen Raum geben würden.
Der Widerstand, den jungen Menschen aufbauen müssen, um unserer derzeitiges Bildungssystem zu durchlaufen und zu überstehen, ist so groß. Im Grunde geht die Kraft verloren, die junge Menschen bräuchten, um ihre Persönlichkeit in der Form zu entfalten, die nicht so verstellt wäre. Junge Menschen werden fehlgeleitet und unnötig verwirrt.
Im Moment müssen sie ihre Integrität verbiegen, um in einer Weise zu ‚performen’, die ihnen nicht gestatten kann, die zu sein, die sie eigentlich sein könnten.
Darin liegt für mich das Traurigste, was unsere derzeitiges Bild von Schule hervorbringt. Die meisten Menschen halten es für so normal, Kinder in der Art zu verbiegen.
In meinen Augen wäre es gut, wenn wir uns deutlich mehr mit dem beschäftigen, wie junge Menschen natürlicherweise lernen. Erwachsene bräuchten ein Wissen dazu, was Ihre Antriebe und ihre individuellen Fragestellungen sind. Wir müssten genauer beobachten und schauen, statt ein ’bereits-wissen’ zu haben, wie es geht. Wir müssten neu starten und die Entwicklung und Entfaltung junger Menschen unter ganz anderen Voraussetzungen ermöglichen. Die zu Grunde liegenden Gedanken müssten sich ändern, damit Kinder eine Chance bekommen ihr Potential zu entfalten.
Ich bin der Meinung, dass Schulen zu Orten werden müssen, wo Kinder erstmalig die Chance haben, ihre natürlichen Denkweisen zu gebrauchen und weiter zu verfeinern. Orte zu entwickeln, an denen Erwachsene demütig zur Seite treten und dem Raum geben können, was junge Menschen naturgegeben mitbringen. Orte, an denen Erwachsene sich im selben Moment selbst nachentfaltet können und gemeinsam mit Kindern lernen/leben können.
Wie fragwürdig ist es denn zu meinen, dass ein Erwachsener einem Kind beibringen könnte, wie ‚Lernen‘ geht? Das um so mehr, da kaum ein Erwachsener erklären kann, wie Bewusstsein funktioniert? Wieso also nicht von denen lernen, die noch ‚näher‘ d.h. unverstellter dran sind?
Unsere pervertierten Verdrehungen von Denkweisen und die künstlich geschaffenen Lernwelten machen es derzeit sehr schwer, alle Bedürfnisse der Individuen unter einen Hut zu bringen. Ein Ergebnis sind Druck und Stress. Und eigentlich weiß jeder, dass dies die denkbar ungeeignetsten Voraussetzungen sind, um sich optimal zu entfalten.
Ich wünsche mir nichts mehr, als das Orte entstehen (meinetwegen nennen wir sie Schulen), wo Kinder ihre natürlichen Lernweisen behalten können, sie in interessante und ‚fluffige‘ Denkweisen verfeinern können.
Plötzlich wären Schulen dann Orte, an denen jungen Menschen wirklich wachsen könnten, nicht nur an all dem, was es zu lernen gäbe, sondern vielmehr an Miteinander, Wissbegierde, Vertrauen, Können, Verstehen, Freude am lebenslangen Lernen und einer herzgetriebenen verbindenden Intelligenz.
Schulen würden erstmalig zu den Orten werden, wo sich Feinheiten der menschlichen Entwicklung zeigen und entfalten könnten. Schule wäre keine krank machender und Lernen verhindernder Ort. Widerstand, Mobbing, Zwang und Missbrauch unter jungen Menschen müsste nicht weiterhin potenziert werden und unnötig künstlich beatmet werden.
Es macht mich unsagbar traurig, dass wir durch unseren verdrehten Ansätze, dass eigentliche Potential der Kinder, ihr ursprüngliches natürliches Denken, in die Wüste schicken.
Wir benötigen vielfältige und gedeihliche LernOasen.
Auf vielfältige Art und Weise unterstütze ich Eltern und Institutionen auf ihrem individuellen Weg aus der Wüste. Ich freue mich, wenn du mich ansprichst und wir zueinander finden.
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