Natürliches Lernen der Kinder und Verlernen der Erwachsenen - Hand in Hand
Natürliches Lernen der Kinder und Verlernen der Erwachsenen – Hand in Hand
Es ist schon eine seltsame und eigenwillige Widersprüchlichkeit, die sich im Inneren einiger Eltern und/oder Pädagogen abspielt. Sie erzählen mir, was die Auseinandersetzung mit dem Versuch, Kindern ein freieres und selbstbestimmteres Leben/Lernen zu ermöglichen, mit Ihnen macht.
Da ist einerseits das deutlich spürbare Bedürfnis, mehr Wissen und Stärke um die Tatsache anzuhäufen, dass Menschen anders lernen und völlig andere Umgebungen bräuchten, um gedeihlicher aufwachsen zu können.
Im selben Moment ist da aber auch eine Angst vor mehr Wissen. Verdrängung des unguten Gefühls, dass aus diesem Wissen eigentlich auch Konsequenzen folgen ‚könnten-müssten-sollten‘.
Wenn sich Erwachsene mit diesen Themen auseinandersetzen, dann konfrontiert sie das ganz unmittelbar mit dem eigenen Schmerz, der Unterdrückung der eigenen Kreativität und vielleicht auch Schöpferkraft. Da kann auch eine Ohnmacht sein, darum zu wissen, dass Kinder etwas anderes benötigen, um gesund und stark aufwachen zu können. Eine Veränderung oder das Ermöglichen eines anderen Weges würde fest gewachsene Strukturen ins Wanken bringen. Man liest gerne darüber, man lässt sich inspirieren. Aber nicht zu viel davon, denn das würde das eigene Lebensmodell schon ganz schön ins Wanken bringen.
Erst kürzlich hat mir eine Mutter offenbart, dass sie nicht zu oft zu mir kommen kann. Sie spürt, die Wahrheit dessen, was die Auseinandersetzung mit mehr Freiheit und Selbstbestimmung für sich und ihre Kinder bedeuten würde. Ihr Mann, so sagt sie mir, kann da nicht mitgehen. Wenn sie öfter kommen würde und damit diese Themen in ihrer Familie eine größere Rolle spielen würden, dann würde es das ganze Familienkonstrukt gefährden. Sie trifft die Entscheidung, besser nicht zu oft zu kommen. Es tut ihr gut mit mir zu sprechen, aber im selben Moment bringt es sie in Unruhe.
Da ist eine andere Mutter. Vor einigen Tagen hat sie berichtet, dass sie sich für ihr Kind einen anderen Lernweg wünscht. Sie ist der tiefen Überzeugung, dass die Grundschule vor Ort langfristig nicht zu ihrer Familie und ihrem Kind passen wird. In ihrer Familie werden andere Werte gelebt und man fühlt sich nicht recht zugehörig zum Ort und den grundlegenden Vorstellungen von Schule und Erziehung. Aber man wohnt dort eben. Die Auseinandersetzung mit der persönlichen Wahrheit zu Erziehungsgedanken und den gelebten Tatsachen im derzeitigen Kindergarten, bringt sie kräftig in Konflikt. Dies insbesondere, da sie jetzt schon weiß, dass diese Themen in der Grundschule noch verstärkt werden. Das Thema zehrt unglaublich an ihr.
Diese und andere Beispiele verdeutlichen mir, wie sehr doch die Auseinandersetzung mit diesen, meinen Themen des wundersamen Lernens, die Erwachsenen ganz tief mit dem konfrontiert, was wir Kindern (uns selbst) antun. Nicht nur, dass mit der Beschäftigung mit diesen Themen, Verunsicherung geschürt wird, was den Lernweg der Kinder betrifft, sondern Erwachsene werden ganz unmittelbar mit dem in Kontakt gebracht, was sie als Kind wegstecken mussten.
In Gesprächen mit Fachpersonen wird immer wieder klar, wie sehr sie der persönliche Wunsch, eine Veränderung für die Kinder zu schaffen, an die Grenzen der institutionellen Richtlinien bringt. Persönliche Konflikte entstehen, in den meisten Fällen auch direkt mit den Kollegen oder mit angstvollen Eltern. Ein Arbeiten im Sinne der Entwicklung der Kinder, bedeutet immer automatisch ein hohes Maß an Reibung.
Vergangene Woche habe ich auf meiner Facebookseite die Frage gestellt, warum es Gesellschaft so schwer fällt, die Verspieltheit und Lebendigkeit der Kinder zuzulassen? Warum nur meinen wir, diese wunderbare, schöpferische und kreative Lebensenergien so früh in kontrollierte und ergebnisorientierte Bahnen lenken zu müssen?
Ich wollte meine Aufmerksamkeit auf die Tatsache richten, dass in unserer Gesellschaft das Schöpferische und Kreative der Kinder zu Gunsten von Produktivität und wirtschaftlicher Effizienz geopfert wird.
Der Unterschied ist ganz einfach:
Ein schöpferischer Mensch macht viele Fehler. Er ist unter Umständen wirklich unlogisch unterwegs. Er macht Unsinn. Er weiß noch nicht, wie etwas ‚richtig‘ geht. Er forscht und untersucht. Er schlägt ‚falsche‘ Richtungen ein. Dabei sammelt er ausgesprochen viel Erfahrungswissen. Und das Besondere daran, er hat die Chance Dinge herauszufinden, die noch nie zuvor jemand getan, oder herausgefunden hat.
Wir haben aber die unausgesprochen gesellschaftliche Übereinkunft, dass wir Produzenten und Konsumenten hervorbringen. Ein Mensch, dem mitgeteilt wird, wie man etwas macht, wird zum Produzenten. Ein ein Produzent hat wenig Gelegenheit selbstbestimmt seinen Interessen zu folgen und Umstände zu erforschen. Ihm wird keine Zeit gegeben, in offenen Fragen zu leben, sich gut mit noch nicht geklärten Fragestellungen zu fühlen. Er wird so ausgebildet, dass man ihm Wissen gibt, dass andere erarbeitet haben. Er lebt damit, dass er meint zu wissen. Fehler machen empfindet dieser Mensch als schlecht. Im Gegensatz zum schöpferischen Menschen, „weiß“ dieser schon, wie etwas geht. Es braucht relativ wenig Aufwand, diesen Menschen auszubilden. Man lässt ihn einer bereits erstellten Blaupause folgen. Man vermittelt Wissen, vermeidet das Erlangen von Weisheit durch gelebte Erfahrung. Das ist wirtschaftlich und das Tolle daran ist, dass diese Menschen im selben Moment Konsumenten sein können. Das passt in derzeitige wirtschaftliche Vorstellungen.
Leider passt es nicht zum Wesen der Kinder, wenn man ihnen die Kreativität und Schöpferkraft nimmt. Wir erfahren gerade, wie uns diese Grundhaltung bezüglich Bildung und Lernen, mächtig um die Ohren fliegt.
Ein schöpferischer und kreativer Mensch bezieht sein genährt sein, aus einer anderen Quelle.
Kinder können das. Sie haben keine Angst doof dazustehen. Wenn Erwachsene sich ein Stück zurück bewegen und wieder ihre kreative und schöpferische Seite ‚entwringen‘, dann machen sie sich verletzlich. Sie müssen in dieser Gesellschaft den Mut aufbringen wenig erfolgreich, unwissend, vielleicht ein wenig doof dazustehen. Prestige und Stolz auf gesellschaftliches Angesehen sein, werden stark herausgefordert. Wenn man sich heraus bewegt, ein Produzent zu sein, dann ist es recht wahrscheinlich, dass man nicht notwendigerweise ein hohes gesellschaftliches Ansehen erfährt.
Zurück zu den Kindern. Kinder wollen schöpferisch und kreativ sein. Es ist ihre Natur. Erwachsen aber, gefangen in ihrem Blindflug aus den Kindern weitere Produzenten und Konsumenten zu machen, möchten das Kreative und Schöpferische recht schnell aus den Kindern austreiben, zumindest kanalisieren.
Ein schöpferisches und kreatives Kind kann nicht effizient sein. Es trödelt morgens und wenn die Eltern es eilig haben, wie die meisten, dann muss das Kind gerade mal ausprobieren, wie viel Saft man in ein Glas giessen kann, bevor es überläuft. Auch muss man wissen, ob man mit Mutters teurer Hautcreme gut auf dem Spiegel im Flur malen kann.
Kinder können nicht anders. Sie möchten gerne weiterhin und möglichst ungestört in ihrer rechten Gehirnhälfte surfen. Sie möchten ständig in Bewegung sein. Sie benötigen ein gewisses Chaos und kreieren aber in diesem Chaos eigenständig ihre innere Ordnung. Leider ist das nicht die Ordnung der Produzenten und der Erwachsenen.
Originalität und Einzigartigkeit haben genau hier ihren Ursprung. Leider zum Leidwesen der Erwachsenen.
Das Schulsystem ist viel zu sehr darauf aus, das Surfen der Kinder in ihrem kreativen Geist zu verhindern. Es ist geradezu dazu gemacht, unkreative Ja-Sager hervorzubringen. Ausbildung und Erziehung haben das unausgesprochene Ziel, das Schöpferische und Kreativ-Chaotische im Kind zu zerstören. Da hilft auch ein wenig Basteln im Kindergarten nichts oder die Wochenstunde Kunst oder Musik, deren Ergebnis dann auch noch durch Noten bewertet wird.
Berechenbarkeit, Geld, Macht, Statuts und Ansehen sind die angebeteten Götter. Das Natürliche und Kreative im Menschen und der automatische, sich selbst nährende Rückfluss für die Seele, gehen dabei verloren.
Das kannst du am ehesten noch beobachten, wenn du Kleinkinder beim Spiel zuschaust. Sie sind dermaßen verbunden mit ihrem Schaffensprozess, sie sind happy und genährt. So genährt, dass selbst der Erwachsene, beim schieren Zuschauen noch ein wenig davon abbekommen kann.
Um wundersames Lernen besser zu verstehen und als Erwachsener den Weg ‚zurück‘ zu gehen, ist es in meinen Augen notwendig, dass sich die Erwachsenen selbst aus dieser Falle befreien. Erst dann werden sie ein Verständnis dafür haben, dass Kinder völlig andere Voraussetzungen für ihren natürlichen Lernprozess benötigen.
Warum natürliches Lernen der Kinder mit dem Verlernen der Erwachsenen Hand in Hand geht.
…und warum das auch ein wenig schmerzhaft sein kann.
Auf diesem Befreiungsweg gibt es damit auch gewisse, unangenehme Durststrecken. Diese entstehen, weil du für deine Umgebung nicht mehr so leicht einzuordnen bist. Du benötigst den Mut, dich von dem zu lösen, was gesellschaftlich angesehen ist. Das wird schwierig sein. Wenn man wieder kreativ und schöpferisch unterwegs sein will, wird man sich mit dem anlegen müssen, was tief in uns eingeimpft wurde – eben zu funktionieren.
Erst, wenn Erwachsene beginnen, diese unbequemen Schritte selbst zu gehen, werden sie ein Verständnis dafür aufbringen, dass Kinder im Grunde eine völlig andere Lernumgebung und Ausbildung benötigen, um sich auch nur einen Hauch dem zu nähern, was Kinder eigentlich sind.
Sie sind die wahren Fachleute in Sachen ‚Lernen‘ und ‚Verlernen‘.
Hier findest du mein Angebot zu meiner Beratung. Denn genau mit diesen Fragestellungen bin ich Erwachsenen hilfreich. Mein Ziel ist es, dass Kinder freier und selbstbestimmter Lernen können. Dazu baue ich auf alle Erwachsenen, die diesen Weg ( gerne mit mir) gehen
Wahre Bildung und Erziehung besteht aus Wandel
Wahre Bildung und Erziehung besteht aus Wandel
Ist es wirklich wahr, dass der Wert von Bildung darin besteht, sich Informationen anzueignen? Oder ist es denkbar, dass es noch eine Menge mehr Aspekte gibt, die zu beachten und vor allem zu entwickeln wären?
Irgendwann einmal bestand der Sinn und Zweck von Bildung darin, mit bestimmten Informationen in Kontakt zu kommen und diese auswendig zu lernen, d.h. abzuspeichern.
Doch heute, mehr denn je, wachsen uns an allen Ecken und Enden die Informationen über den Kopf.
Längst bekommst du nicht nur Bücher und Filme dazu, was du lernen kannst, sondern inzwischen auch mehr und mehr Informationen dazu, was du nicht lernen brauchst, oder wie du dich vor einem ‚zu viel’ an Informationen schützen kannst. Du lernst, wie du mit der Flut an Dargebrachtem umgehen kannst.
Aktuell geht es darum, sich intelligent in den Fluten der Information bewegen zu können und vor allem nicht darin zu ertrinken.
In Erziehung und Lernen scheint das noch nicht umfänglich angekommen zu sein. Noch immer setzen Verantwortliche auf das Pferd, dass junge Menschen mit Information versehen soll. Dabei haben viele junge Menschen längst Mittel und Wege gefunden, wie sie selbst, ohne Lehrer und ohne Vorgaben zu genau den Informationen kommen, die sie interessieren.
Das Meer, in der Bildung und Erziehung im übertragenen Sinn schwimmen, ändert sich ständig. Im Grunde ist der Wandel die eigentliche Konstante. Dieser Wandel ist im Moment einem ungeheuren Tempo unterworfen.
Gerade in den letzen Tagen habe ich verstehen müssen, dass ich zwar die Welle meines Schwerpunktthemas reite, aber das es weiterhin unendlich viel zu lernen und vor allem zu beobachten gibt.
Ich beobachte die Themen um Erziehung und Lernen ständig, ich beobachte dieses Meer, ich reite meine Welle und doch gibt es Bewegungen und Formationen, die ich bisher noch nicht kannte. Der Wind ändert sich kurz, ein Wetterumsturz und schon gibt es ganz neue Bewegungen auf dem Meer wahrzunehmen.
Ich werde demütig beim Beobachten von neuen Stunts beim Surfen (Surfer mögen mir verzeihen, wenn das vielleicht nicht der richtige Begriff für die Sprünge der Surfer ist), ich nehme neue Bewegungen und Elemente wahr. In Sachen Bildung und Lernen tun sich Dinge auf, die interessant und inspirierend sind. Diese wären noch vor kurzer Zeit nicht vorstellbar gewesen.
Auch die Bemühungen, die wir unternehmen, von denen wir derzeit glauben, dass sie auf eine mögliche Zukunft der Kinder ausgerichtet sein werden, sind veraltet, wenn die Kinder in dieser Zukunft angekommen sein werden. Sie werden nicht aktuell sein. Sie können es nicht, weil sie aus der Denke der Erwachsenen entstanden sind und die jungen Menschen viel zu wenig mit einbeziehen. Oftmals sind es Ansätze, die aus der Angst der Erwachsenen entstehen.
Unsere Bestrebungen, die Kinder zu bilden, werden so lange veraltet und nicht im Fluß sein, bis wir verstehen, dass wir gewisse starre Konzepte loslassen müssen und uns mit den Kindern auf eine Reise begeben, die von uns allen verlangt, während des Fluges ein Flugzeug zu bauen.
Es geht in meinen Augen darum, von den jungen Menschen zu lernen. Ich denke, wir wären zehn mal besser aufgestellt, wenn wir nur endlich mal zugeben würden, dass wir im Grunde keine Ahnung davon haben, wie Menschen lernen. Ich denke, dass die Betrachtungsweise, dass wir vielleicht nicht wissen, uns wesentlich dienlicher wäre und uns besser hinschauen lassen würde. Wir hätten viel bessere Voraussetzungen die Welle des steten Wandels zu reiten.
Stattdessen bauen wir starre gedankliche Wellenbrecher aus Angst und Beton ins Meer und machen das Surfen und lebenslange Lernen gefährlich und fast unmöglich.
Es wäre bedeutsam von und mit den Kindern zu lernen. Es wäre wichtig zu beobachten und zu studieren, statt Vorgaben zu machen und einzuschränken.
Unser Blick auf das lebenslange Lernen muss ganzheitlicher werden, wir sollten andere Lebensbereiche mit einbeziehen. Spielen, Lernen, Arbeiten und Sein darf nicht so krampfhaft getrennt werden: Für mich müsste es ein großes Meer aus Möglichkeiten werden, es darf kein einbetoniertes Flussbett mehr sein.
Vor einigen Tagen habe ich ein Schule mit einem reformpädagogischen Konzept besucht. Es ist eine Schule, die auf ihre Weise eine Menge an Selbstbestimmung und Möglichkeiten für mehr Freiheit für die Kinder eingebaut hat. Dazu gibt es ein Konzept.
Nun ist es aber so, dass sich innerhalb dieser Schule (innerhalb dieses Konzepts) eine Insel bildet, die als eine Art internes Forschungsprojekt, den Kindern noch mehr Freiheit und Selbstbestimmung einräumen möchte. Es gibt Vertreter in der Schule, die den Kindern diesen Raum zugestehen möchten.
Und von dem, was ich gehört und gesehen habe, wird diese Insel dort ermöglicht. Ich habe erfahren, dass die Ideen dort wachsen dürfen. Ich habe gehört, dass man innerhalb eines Konzeptes, die Weiterentwicklung, das organische Wachsen zulässt. Man probiert aus. Man geht diesen Weg. Man findet heraus, was geht und was nicht. Man lernt. Man macht Fehler. Man verwirft und findet bessere Ansätze. Man wächst.
Mich hat der Besuch, das Gespräch und die Erkenntnis sehr beeindruckt. Diese Geschmeidigkeit wünsche ich mir in der Weiterentwicklung von jetzt schon guten Konzepten für Kinder.
Und ich bin ehrlich. Es gibt Umstände für Kinder an Schulen, die in meinen Augen sofort beendet werden müssten.
Lieber ein stetiger Wandel mit sogenannten Fehlern, als starre Informationsvermittlung und Missachtung der Würde der jungen Menschen.
Gestern hat jemand bei einem kurzen Impulsvortrag folgenden Satz, als ernst gemeinte Frage in die Runde gegeben:
„Wenn du das so scheisse findest, wieso schickst du dein Kind dahin?“
Wahre Erziehung und Bildung besteht aus Wandel. Nicht nur vom System, sondern in vielerlei Hinsicht mag vielleicht zunächst mal der eigene Wandel gefragt sein? Uff!
Wenn dich Themen dieser Art interessieren, dann sei Teilnehmer/ Teilgeber bei unserem EduWorkCamp im November 2018. Earlybird nicht verpassen.