"Ich bin nicht gut genug" und die Folgen
„Ich bin nicht gut genug“ Ich muss besser sein“ „Ich bin dumm“. Glaubenssätze dieser Art, werden im derzeitigen Bild von Erziehung und Lernen nahezu im Nervensystem der Kinder einzementiert.
Es braucht Rückgrat und Bewusstheit von Eltern und Pädagogen, um Kinder möglichst unbeschadet auf ihrem Weg zu begleiten. Folge mir ein Stück und schau, wie ich dieses wichtige Thema reflektiert habe.
Ich habe mich gefragt, wie es dazu kommen konnte, dass (meine) Kinder diese Glaubenssätze gebildet haben, die ihnen das Leben so offensichtlich schwierig machen?
Auch wenn sie es selbst vielleicht noch gar nicht in dieser Form zum Ausdruck bringen könnten, dann stehen Sätze dieser Art auf Ihrer Stirn geschrieben:
„Ich bin ganz allein.“ „Ich bin dumm.“ „ Ich muss immer der Beste sein.“ „Ich bin nicht gut genug.“ „Ich muss alleine klar kommen.“ „Ich muss erfolgreich sein.“ „Keiner sieht mich.“
Bei der Recherche in diesen Fragestellungen bin ich dahinter gekommen, dass nicht nur die Kinder Glaubenssätze dieser Art gebildet haben.
Ein großer Teil meiner Herausforderungen im Leben, besteht ebenfalls darin, dass auch ich einmal Glaubenssätze in dieser oder ähnlicher Form gebildet habe. Heute sind sie mir unter Umständen gar nicht mehr dienlich, doch ich trage sie noch immer bei mir, bis ich sie, durch die bewusste Auseinandersetzung mit ihnen, nicht mehr bei mir trage. Diese Bewusstheit kann mich in meine Kraft leiten.
Kürzlich habe ich etwas Interessantes über diese Themen gelesen, an dieser Stelle kann ich leider nur noch sinngemäß wiedergeben, was ich in Erinnerung habe. Die Autorin, meinte, dass ich mir als Eltern Mühe geben könne, wie ich wolle, auf eine gewisse Art würde ich als Elternteil immer eine Form von Selbsthass im Kind schüren. (Selbsthass, verstanden als Gegenteil von Selbstliebe)
Dies geschehe schlicht und ergreifend dadurch, dass Umstände im Leben passieren und unser Verstand diesem Umstand eine marginale Bedeutung gibt. Der oder die Beteiligte an dieser Situation muss damit noch nicht einmal in einem ‚wichtigen‘ oder bedeutungsschweren Zusammenhang stehen.
Das Kind hat ein Glas Milch verschüttet, du hast für Sekunden die Augen verdreht, weil du gerade im Moment müde bist und keine Lust hast, in den Keller zu gehen und die Putzutensilien zu holen. Das Kind hat deinen Gesichtsausdruck gesehen, der in keinem Zusammenhang mit seiner Person stand und hat daraus in dieser Sekunde beispielsweise diesen Glaubenssatz gebildet: „Ich bin nicht gut.“
Diesen Satz hat es für sich gebildet und ist in Zukunft, aus welchen Gründen auch immer, damit beschäftigt diesen Satz, durch ähnliche Begebenheiten, in sein Nervensystem zu zementieren.
Und nun laufen wir alle, Kinder, wie Eltern, wie kleine Aufziehfiguren, mit diesen selbst gebildeten Glaubenssätzen durch die Gegend und begegnen uns und drücken gegenseitig unsere Knöpfchen.
Jetzt kannst du im Grunde machen, was du willst, über den Verstand und logische Erklärungen kannst du deinem Kind wenig hilfreich sein.
- Sag mal deiner Tochter, die sich selbst von sich die Meinung hat, dass sie XY Kilo zu viel auf der Waage hat, dass sie eine tolle Figur hat, auf die sie stolz sein kann.
- Sag mal deinem Kind, dass eine 2+ doch eine tolle Note ist, wenn es selbst die Erwartung an sich hat, dass es eine 1 haben wollte.
- Sag mal deinem Kind, dass alle für es da sind und hilfreich sein können, wenn dein Kind, wie auch immer die Meinung gebildet hat, dass es alles alleine stemmen muss.
Was hingegen hilfreich sein kann, wenn wir in Gespräch mit den Kindern damit beginnen Glaubenssätze durch intelligente Fragen zu hinterfragen (Das kannst du auch mit deinen eigenen Glaubenssätzen tun):
- Warum wäre das schlimm, wenn du XY Kilo zu viel hättest?
- Warum wäre das schlimm. dass du keine Note 1 hast?
- Warum wäre das so schlimm, wenn du eine Note 4 hast?
- Warum wäre das schlimm, wenn du dir in diesem Fall helfen lassen würdest?
Bei den möglichen Antworten hast du dann immer wieder die Gelegenheit zu hinterfragen, ob das wirklich wahr ist und kannst dann weiterhin immer tiefer einsteigen, indem du fragst was an dieser Antwort so schlimm wäre, bzw, ob es wirklich wahr ist?
Du hast damit Gelegenheit diesen Glaubenssätzen in einer Art auf den Grund zu gehen und zu hinterfragen, ob es wirklich (noch) angemessen ist, dass dieser Satz diese Bedeutung im Leben hat.
Das wir diese Glaubenssätze in der Kindheit heranbilden ist völlig normal und wahrscheinlich auch gar nicht so wirklich abzuwenden, denn diese Funktion gehört zur Herausbildung unseres Nervensystems. Was es aber im Grunde braucht, ist ein Wissen darüber, dass all das nicht in Stein gemeißelt ist und für eine gesunde Entwicklung eine NotWENDIGkeit besteht, diese Mechanismen zu erkennen und damit zu beginnen, diese intelligent selbst zu lenken.
Unser derzeitiges Bild von Erziehung, Schule und Bildung berücksichtigt diese Ansätze viel zu wenig, dabei liegen gerade darin die Voraussetzungen für eine gesunde Lebensführung der Kinder.
Mit meinem heutigen Impuls möchte ich zum Ausdruck bringen, dass Kinder, wie Erwachsene in diesen Zeiten sehr stark von rationalen Betrachtungsweisen, Ansätzen und Werten geprägt sind. Ja, die Schule legt in meinen Augen sogar übertriebenen Wert in die Herausbildung dieser rationalen Grundlagen, vergisst, dass der zufriedene, ausgeglichene und gesunde Mensch ganz anderes operieren kann und sollte.
Damit diese Lebensführung und gesunde Entwicklung der Kinder stattfinden kann, brauchen wir dringend Umgebungen, in denen sie möglichst selbstbestimmt und frei lernen können. Hier könnten sie dann Werte praktisch erfahren und entwickeln, die sie im derzeitigen Bild von Kindergarten und Schule ausblenden müssen, damit sie einfach nur funktionieren.
Es braucht in meinen Augen schon eine gute Kraft und ein Bewusstsein der Erwachsenen darüber, dass Lernen viel mehr als die vermeintlich messbaren Verstandeskräfte beinhaltet.
Es gilt dieses Spannungsfeld aufzubauen zwischen einfach nur funktionieren müssen und praktisches Wissen für eine zufriedenes Leben überhaupt entwickeln zu dürfen.
Dieses Wissen entwickeln ganz lebenspraktisch viele Initiativen, aber auch einzelne Familien, die mit Kindern bewusst andere Wege gehen möchten. Sie erproben, entwickeln und verfeinern Wege, die es erlauben sich das menschliche Lernen mit allen Möglichkeiten zurück zu erobern.
Es geht wieder darum Fehler machen zu dürfen, statt starr vor Angst vor einer schlechten Note zu sein, Mitgefühl entwickeln zu können, statt Konkurrenz, Vertrauen entwickeln zu können, statt Kontrolle, die Fähigkeit Gleichgewicht und Ungleichgewicht ausbalancieren zu können.
Es geht darum "Ich bin nicht gut genug" und die Folgen langsam aber stetig zu verwandeln in "Ich bin gut genug" und die Folgen.
Damit diese fehlenden Puzzleteilchen an ihren Platz finden können, und Kinder mit weniger Stress und Druck aufwachsen können, bin ich da. Ich selbst tanze in diesem Spannungsfeld und unterstütze alle Interessenten auf ihrem Weg.
Ich freue mich hier oder bei gerne auch bei Facebook von dir zu lesen.
Beste Grüße
Uta Henrich
Selbstoptimierung für Eltern
Selbstoptimierung für Eltern, ein Wirbelsturm ohne Vorwarnung.
Bist du mal mit Eltern in Kontakt gewesen, die genau die ‚richtigen‘ Produkte und vor allem die ‚richtigen’ Ansätze haben, um ein Kind gesund und anspruchsvoll aufwachsen zu lassen?
- Es muss genau die richtige Windel sein, ganz egal ob Stoff oder Plastik oder ganz ohne Windel.
- Es sind nur diese Klamotten die richtigen, egal ob ökologisch oder modisch, noch besser beides.
- Es muss genau der Kinderwagen dieser Marke sein, oder das Tragetuch, welches…
- Es muss genau dieser Kindergarten mit jenem pädagogischen Anspruch sein.
- Es muss genau und nur das Computerspiel, mit pädagogisch wertvollem Ansatz sein.
- Es geht nur mit unschooling
- Es geht nur im Kielwasser, dieser oder jener Vorbilder.
In meiner Liste kannst du bereits feststellen, dass die richtigen Produkte mit den richtigen Ansätzen verschwimmen.
Inzwischen gibt es im Bereich Erziehung und Lernen auch noch die richtigen Wege der endlosen Selbstoptimierung für Eltern. Hier erfährst du nun wie sehr, vor allem ständig, du an dir arbeiten musst. Das ist wichtiger denn je, damit du nun garantiert richtig authentisch, richtig wohlwollend und richtig förderlich und auch richtig achtsam und gleichwürdig bist. Alles für die optimale Entwicklung deines Kindes.
Puh, das kann schon verdammt anstrengend sein, 'richtig' Eltern zu sein.
Früher musste man vielleicht lediglich den richtigen Kinderwagen haben (ich habe an anderer Stelle mal darüber geschrieben, wie ich vor 24 Jahren mein erstes Kind nicht bekommen konnte, bevor ich einen Kinderwagen hatte) und heute gerät man als Eltern schon mal schnell unter diesen Optimierungszwang im Bereich Erziehung und Lernen. Noch bevor dein Kind überhaupt geboren ist, kannst du dich schon mit Kursen zupflastern.
Gemeinsam ist diesem äußeren und inneren Zwang, dass es von Bedeutung zu sein scheint, als Eltern alles „richtig“ zu machen.
So schnell sitze ich als Mutter der sehr anstrengenden Vorstellung auf, das es ein „Superkind“ werden würde, wenn ich nur alles „richtig“ machen würde. Naheliegender ist eher der Gedanke, 'ich mache sicher einiges falsch, weil mein Kind hier und da aneckt'.
Und so, wie ich diese gehaltvolle, verstaubte Luft von „richtig“ und „falsch“, in den ungelüfteten Klassenräumen meiner eigenen Schulzeit, inhaliert habe, so trage ich das wahrscheinlich umhinterfragt in meine Ideen von Erziehung und Lernen hinein.
Schuldgefühle umschwirren mich und noch immer hechte ich dieser Anforderung hinterher, es endlich „richtig“ machen zu können. Vor mir verflüchtigt sich dieses hehre Ziel immer. Ich komme mir vor, wie ein Kind, das dem Regenbogen hinterher jagt.
Bei dieser Jagd, die ich nicht gewinnen kann und bei dem Entkommen vor diesen Schuldgefühlen, erfahre ich ab und an eine gewisse Erleichterung durch die Vorstellung, dass es nach dem nächsten Erziehungstip, den ich erhaschen muss, vielleicht leichter werden könnte.
Ich verbeiße mich in der Idee, dass ich ständig aus meinen Fehlern als Mutter lernen müsste, mich ständig optimieren und verbessern müsste.
Bei diesen Tonnen an Informationen im Internet, in Büchern, Bemerkungen von Lehrern und Erziehern, habe ich ständig den Eindruck, dass ich besser sein müsste. Wenn ich dies und das nun endlich besser verstehen würde, die Angelegenheiten um mein Kind sachgemäßer angehen könnte, dann, ja dann hätte ich dieses oder jenes Problem mit dem Kind nicht.
Und weiter drehe ich mich in der Endlosschleife, auf der Suche, ob es da draussen jemanden gibt, der das alles viel besser im Griff hat, als ich?
Dabei gibt es im Grunde nichts, worüber ich mich schuldig fühlen müsste. Wenn du zu den Lesern dieses Textes gehörst, dann vermute ich, dass du sehr stark damit beschäftigt bist, dein Bestes zu geben. Ich gehe einfach davon aus, dass dein Bestes für diesen Moment gut genug ist. Was fehlt könnte im Grunde eine gewisse Verankerung in dir selbst sein, sowie die Information, dass du kleine Gänseschrittchen gehen kannst und einfach jeden Tag ein wenig mehr liebevoll mit dir selbst sein kannst.
Ich mag inzwischen die Selbstakzeptanz viel lieber als die Selbstoptimierung, kommt sie mir doch viel weicher, weiblicher und wohlwollender daher, als diese Selbsstoptimierungs -Maschinerie, nüchtern, durchgetacktet und ein wenig anmaßend in den tausenderlei Ansprüchen.
Zu groß und zu stürmisch ist dieser Irrsinn ‚da draussen‘, wenn du nicht heute damit fortfährst dich zu erden. Zu leicht, wirst du davon getragen, wie Dorothee in der ‚Zauberer von Oz‘.
Sie wird samt Haus im Wirbelsturm davon getragen und findet sich dann auf dem Weg zurück ‚nach Hause‘. Dabei begegnet sie all diesen merkwürdigen Mitgeschöpfen, die ein Teil von ihr sind.
Auf ihrem Weg lernt jedes Mitglied dieser seltsamen Truppe was über sich selbst. Sie haben Ecken und Kanten und Unvollkommenheiten und bilden schließlich eine Freundschaft. Sie akzeptieren sich, so wie sie sind.
Nachtrag: Sich selbst zu akzeptieren, darin kann man sich sicher auch selbstoptimierten. Hier muss ich mich sicher an der eigenen Nase packen, darüber genauer nachdenken und dann lachen.
https://www.youtube.com/watch?v=p_zTwW02OPY
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