Ist die gängige Vorstellung von Lernen, nichts als eine Ideologie, die überholt ist?
Ist die gängige Vorstellung von (schulischem) Lernen, nichts als eine Ideologie, die überholt ist?
Vor einigen Tagen habe ich folgenden Satz meines Sohnes gepostet: „Ich war in meinem Leben noch nie im Englisch Unterricht und ich kann verdammt gut Englisch.“ Die Reaktion im Internet - (fast) keine Reaktion!
Ich habe mich gefragt, wie es sein kann, dass diese Aussage, die für mich stimmig und wahr ist, bei anderen Menschen keinerlei Reaktion ausgelöst hat?
Dieser Satz entspricht zu 100% einer Tatsache. Ja, es ist wirklich so. Er war noch nie in irgendeinem Englischunterricht und spricht trotzdem fließend Englisch.
Er hat sich einfach in ein englisches ‚Lernfeld‘ begeben. Das besondere an diesem ‚Lernfeld‘ ist, dass ihm dort niemand Englisch beibringen wollte. Niemand hat gemeint ihn mit Unterricht versehen zu müssen, damit er Englisch lernt. Es wurde ihm lediglich gestattet Mitglied einer Gemeinschaft zu werden, die sich in Englisch unterhält. Wenn er mit anderen Kindern aus Deutschland in dieser Gemeinschaft Deutsch geredet hat, so hat ihm niemand gesagt, dass er nun aber Englisch reden müsse, damit er schneller diese Sprache beherrscht. Niemand hat ihm Abends 25 Vokabeln lernen lassen, damit er sich die Sprache organisierter und linearer aneignen kann. Er hat viel Zeit mit dabei sein, zuhören und mitmachen verbracht. Niemand hat Druck auf ihn ausgeübt oder übergroße Erwartungen an ihn gehabt, weil man einfach davon ausgegangen ist, dass er Englisch lernen würde. Seine Umgebung hat ihn selbstverständlich aufgenommen und behandelt, dass er ganz einfach zu diesem ‚Schwamm‘ werden konnte, der eine Sprache schlicht und ergreifend aufnimmt.
Ganz ähnlich diesem Prozess, den er beim Erlernen der Muttersprache haben konnte.
Das Ergebnis.
Nach nur wenigen Monaten spricht der 8-jährige fließend Englisch. Ob er ein Diktat in Englisch schreiben könnte? Nein. Ob ich ihn bitten könnte mir einen Buchseite zu übersetzen? Nein. Dazu sind wieder ganz andre Verdrahtungen und Verbindungen notwendig. Auch das wird er lernen, wenn genau das an der Zeit ist.
Ich war also nach dem Posten dieses Zitats damit beschäftigt mich zu fragen, warum Menschen so wenig auf dieses Zitat reagiert haben? Nach einigen Tagen habe ich die Antwort in einem ganz anderen Zusammenhang erhalten.
Die Antwort, die sich mir erschlossen hat, war:
Erwachsene können sich einfach nicht vorstellen, dass Lernen anders geht oder anders gehen könnte. Viele Erwachsene können nicht glauben, dass Kinder ohne unterrichtet zu werden, lernen können und auch wollen.
Wir leben in diesen uns bestimmenden Vorstellungsbildern, das Lernen mit Mühe verbunden ist, dass man es von einer anderen Person vermittelt bekommen muss. Das Lernen auf einen Unterrichtsraum und ein Gebäude bezogen ist. Das es Wiederholung und Übung (Hausaufgaben) bedarf. Das es linear verlaufen muss, sprich, das es keine vermeintlichen ‚Rückschritte‘ oder Zeiten des vermeintlichen Rückstands geben darf. Darüberhinaus leben wir mit der Vorstellung, dass man junge Menschen zum Lernen anhalten muss und das man einen möglichen Fortschritt oder Rückschritt kontrollieren und dokumentieren muss.
Dergleichen gibt es noch viele Vorstellungsbilder. Allen ist gemein, dass sie unser Bild von einem Lernprozess so sehr prägen. Es ist vielen Erwachsenen fast unmöglich den Gedanken zuzulassen, dass Lernen sich in einer ganz anderen Form viel effektiver entwickeln könnte.
Es gibt Forscher und Praktiker die sich nach intensiver Beobachtung von Kindern einig darüber sind, dass informelles Lernen, quasi völlig unspektakulär, einfach nebenher geschieht. Dieses informelle Lernen ist aber genau das, was es nicht zu zerstören gilt, so dass Kinder später, wenn sie älter sind, darauf aufbauen können, ihre Entscheidungen treffen können, weiter lernen können. Damit dies geschehen kann, braucht es gute Voraussetzungen.
Dazu gehört etwa, wenn den Kindern gestattet bleibt, dass sie ihren eigenen Interessen folgen können. Auch, das freies Spielen in ihrem Leben eine große Rolle hat. Wenn es Phasen gibt, in denen träumen und nichts tun einfach sein darf. Das sie Dinge praktisch erfahren können, sprich tun können, ohne das man sie kommentiert.
Könnte es sein, dass das, was wir unter Lernen, vor allem auch schulischen Lernen verstehen, nichts anderes ist, als ein Gedankenkonstrukt oder eine Ideologie? Könnte es sein, dass uns diese Ideologie, wie lernen sich vollziehen sollte, den Kindern den eigentlichen Lernprozess unnötig erschwert?
Ich beobachte derzeit viele Strömungen mit Menschen, die bezüglich des Lernprozesse ihrer Kinder einfach einen anderen Weg gehen. Da sind Eltern, die ihre Kinder aus dem Schulsystem abmelden und zu reisen beginnen, da sind Eltern, die andere Schulformen wählen. Da sind Schüler, die nicht mehr zur Schule gehen wollen und selbstorganisiert lernen, da sind Initiativen, die Schulen gründen wollen, die ein gänzlich anderes Konzept verwirklichen wollen und vieles mehr.
Allen gemeinsam ist, dass sie individuell feststellen, dass es anders geht.
Egal wie!
So vielschichtig und unterschiedlich die Ansätze sind, eines haben die Akteure gemeinsam. Sie machen die Erfahrung, dass die herangebildeten Gedankenkonstrukte zum Thema lernen, nicht notwendigerweise stimmig sind.
In meinen Augen haben sie Recht.
Lernen geht anders.
Melde dich zu unserem EduWorkCamp an, um gemeinsam mit anderen, an Lernen interessierten Menschen, das Thema freudvoll unspektakulär und anders, als du es erwarten würdest, zu bearbeiten.
Ist die gängige Vorstellung von (schulischem) Lernen, nichts als eine Ideologie, die überholt ist?
Unterschiedliche Positionen in Erziehungsfragen?
Wie unterschiedliche Positionen in Erziehungsfragen transformiert werden können.
Kennst du diese Wippen für Kinder, die es meistens auf den etwas veralteten Kinderspielplätzen gibt? Diese Gestelle, die wie eine Waage aussehen. Auf die eine Seite setzt sich dein Kind und du setzt dich auf die andre Seite. Wegen deinem höheren Gewicht musst dabei ein wenig weiter zur Mitte hin rutschen, damit überhaupt ein Schaukelspaß entsteht.
Eine solche Schaukel benötigen wir nun für eine kleine gedankliche Reise.
In deiner Vorstellung setzt du nun eine gewichtige Person auf die eine Seite, jemanden der der festen Überzeugung ist, dass man einiges an Aufwand betreiben muss, damit ein Kind die rechten Sachen lernt. Jemand, der gerne das Heft in der Hand hat, was den Lernprozess des Kindes betrifft. Jemand, der sich als verantwortungsvoll begreift, wenn er dafür sorgt, dass das Kind lernt. Diese Person hat ein Bild von Lernen verinnerlicht, was etwas mit Mühe, Anstrengung, Disziplin, Abarbeiten, Kontrolle und externer Beurteilung zu tun hat. Seine Erwachsenenrolle übernimmt diese Person, in dem sie sich ‚in das Leben‘ des Kindes begibt und zu organisieren und vor allem hervorzubringen sucht, dass das, was diese Person unter lernen oder Erziehung versteht, auch auf den Weg gebracht wird. Es geht nicht ohne den Erwachsenen und vor allem ohne seinen unermüdlichen Einsatz. Diese Person findet das unter Umständen auch nicht so toll, ständig schieben, organisieren und vor allem vorausplanen zu müssen, damit das Kind lernt. Es ist sicher anstrengend, aber man tut es so. Die Widerstände der jungen Menschen sind manchmal nervenaufreibend und kräftezehrend, aber die Aufgabe des Erziehenden besteht nun mal darin, den Zögling zu bewegen und in Gang zu halten. Der junge Mensch ist faul und muss in die rechte Richtung bewegt werden. Punkt.
Auf die andere Seite kannst du eine ebenso schwere Person setzen, die eine gänzlich andere Vorstellung vom Lernprozess des Kindes hat. Diese Person geht zunächst mal davon aus, dass Lernen etwas ist, was dem jungen Menschen einfach inne ist. Von klein auf, so glaubt dieser Mensch, weiß das Kind zu lernen. Der Mensch auf der anderen Seite dieser Schaukel ist jemand, der Kinder einfach lieber beobachtet. Er ist fasziniert wahrzunehmen, was sich alles vollzieht im Kind. Diese Person mag lieber ‚draußen‘ bleiben und das eigentliche Lernen dem Kind selbst überlassen. Diese Person vergleicht den Lernprozess im Grunde lieber mit dem Spiel des Kindes. Sie wünscht sich, dass Spielen und vor allem, was diese Person unter spielen versteht, eine ewige Blaupause für Entwicklung und Lernen ist. Diese Person sucht nicht zu kontrollieren und zu organisieren. Vielmehr sieht dieser Erwachsene seine Aufgabe darin, Räume für Kinder in der Form zu gestalten, dass das jeweilige Kind, in seinem Alter solche Umstände vorfindet, die Lernen ermöglichen. Einmal in Gang gesetzt und ermöglicht, so hofft man hier, ist Lernen etwas, was sich einfach weiter aus sich selbst generiert. Lernen wird nicht als anstrengend und zu organisieren betrachtet. Vielmehr sucht man das Selbstverständnis in der Art zu erklären, dass sowohl der Erwachsene, als auch das Kind von diesem Prozess genährt wird. Die gute Beziehung untereinander wird hier als sehr bedeutsam angesehen. Kinder lernen selbst und immerzu, wenn man sie nur läßt. So versteht dieser Mensch seinen Ansatz und ist damit nicht so sehr in einer ‚Macherrolle‘. Lernen geschieht einfach.
Zum Wohle eines Kindes beginnen wir nun diese beiden Personen miteinander spielen zu lassen. Wir stellen uns vor, dass diese Menschen mit ihren unterschiedlichen Einstellungen miteinander schaukeln wollen. Dafür benötigen wir ein gutes Stück Phantasie, denn für gewöhnlich wollen diese beiden Personen nicht miteinander schaukeln. Sie wollen nicht miteinander spielen.
Heute gehen wir einfach mal davon aus, dass es etwas Größeres gibt, als das eine der beiden Personen Recht hat. Heute stellen wir uns einfach mal vor, dass diese Personen miteinander einen wertvollen, spielerischen Austausch haben könnten.
Man kann sich gedanklich leicht dahin begeben, dass jede der beiden Personen versuchen möchte seine Position mit Gewicht zu versehen und die andere Person da oben ‚in der Luft verhungern‘ lassen würde. Kennst du diese Momente beim Schaukeln auf der Wippe? Du machst dich einfach ‚schwer‘ und lässt den anderen da oben ‚bammeln‘. Die andere Person hat die Füße nicht am Boden und kann sich nicht ‚schwer‘ machen.
Für einen Moment macht das vielleicht Spaß, aber dann könnte es wieder darum gehen, weiter miteinander zu spielen.
Welche Haltung also wäre wichtig, um wieder miteinander zu schaukeln? Wohin müsste ich mich bewegen? Wie könnten sie beide einen freudvollen Rhythmus aufbauen?
Ich selbst bin ein mittleres Kind. Meine Aufgabe in meiner Kernfamilie war es seit jeher zu vermitteln. Ich tue mich mit den Extremen schwer und finde es bedeutsam beide Seiten anzuschauen und sich in irgendeiner Form in ein Spiel oder in einen Dialog zu begeben.
Ich sehe die Kinder, wie sie mittig auf der Wippe/ Schaukel sitzen. Beide Seiten versuchen das Kind zu sich hin zu bewegen. Sie sind der Meinung, dass das Kind unter der eigenen Vorstellung besser aufwachsen und lernen würde.
Ich wünsche mir mehr Freiheit und mehr Verständnis und mehr miteinander, selbst wenn man unterschiedlicher Meinung ist.
Ich wünsche mir von und miteinander zu lernen und einen Dialog, der nicht so schnell ‚gewichtig‘ und eigenmächtig wird. Ich wünsche mir einen Dialog und ein gemeinsames Spiel, dass die Kinder im Auge behält und eine gewisse Vielfalt ermöglicht. Eine Haltung, die den Kindern ermöglicht in der eigenen Balance zu bleiben. Einen Blick auf das, was Spielen und Lernen ermöglicht.
Ich sehe, dass diese beiden Personen auf der Wippe mit diesem Balken verbunden sind. Ich sehe, dass man sich entlang auf dem Balken aufeinander zu bewegen kann, um ein Miteinander zum Wohl des Kindes entstehen zu lassen. Ich sehe, dass dieses Spiel auf dieser Schaukel nicht funktioniert, wenn man sich nicht aufeinander zu bewegt und sei es nur mit einem wohlwollenden und freundlichen Augenkontakt.
Ich hoffe, dass mein Gedankenausflug dich bereichert hat. Ich hoffe, dass er dir Gelegenheit gibt, einen anderen Blick auf die Dinge zu werfen. Etwas mehr Klarheit und eine geschmeidigere Positionierung ermöglicht. Alles im Hinblick auf die Kinder, die in irgendeiner Form immer zwischen den erwachsenen Personen und all ihren Meinungen zu stehen scheinen.
Wohlwollen und Freundlichkeit auch unter Menschen mit den unterschiedlichen Einstellungen bezüglich Erziehung und Lernen, ist es, was den Kindern gut tut. Nicht notwendigerweise das sie sich ‚schwer’ machen in einer Postion und Geisteshaltung.
Die Fähigkeit miteinander zu spielen gewinnt damit eben auch für die Erwachsenen und all ihre so gewichtigen Einstellungen an Bedeutung.
Starre, Verbissenheit und Rechthaberei spielt mit Wohlwollen, Geschmeidigkeit und Beweglichkeit - zum Wohle aller.
Hier
Schritt für Schritt das Skript von 'Lernen' und 'Arbeit' korrigieren.
Selten geschieht es, dass Erwachsene ein enthusiastisches Leuchten in den Augen zeigen, wenn ich das Wort LERNEN erwähne. Die meisten Menschen verbinden damit leider genau das, was man mit folgenden Worten umschreiben würde: pauken, büffeln, Disziplin, Druck, Bauchschmerzen, zwingend notwendig, langweilig, Ferien, Hausaufgaben, …
Seit vielen Jahren schon hatte ich den Wunsch, dass Erwachsene ganz praktisch erfahren können, dass Lernen völlig anders funktioniert. (Auch für sie hätte anders funktionieren können.) Ich wollte einen ‚Raum' schaffen, in dem sie lernen können, wie es hätte für sie sein können, wenn man sie damals gelassen hätte und ihnen Räume und Begegnungen ermöglicht hätte, die wohlwollend und unterstützend gewesen wären.
Ich dachte, es müsste etwas mit Freiheit zu tun haben, mit Selbstbestimmung, mit Forschen können, mit nicht bewertet werden, es müsste erlaubt sein in Bewegung zu sein und genau mit dem Menschen Zeit zu verbringen, der mich in dem Moment anspricht. Ich müsste als Erwachsener Gelegenheit haben, meine eigenen Antennen nutzen zu können, mich mit dem zu beschäftigen, was mich in dem Moment interessiert. Ich müsste die Chance haben, entscheiden zu können, wie tief ich mich gerade in ein Thema bewege. Es müsste eine Menge Ähnlichkeit haben, mit der Art, wie kleine Kinder spielen, wenn man sie nur lässt.
Längst wissen wir, wie ungeheuer viel die Kleinsten lernen.
Ich selbst habe in den letzten Jahren die Gnade erlebt, in vielen Fällen genau so lernen zu können. Ich hatte tolle Lehrer, ich habe Kurse besucht, die mich um die halbe Welt geführt haben. Ich habe es spüren können, wie es ist, wenn ich als Erwachsene, meinem eigenen, inneren roten Faden folgen kann.
Ich möchte genau das den Kindern dieser Zeit erhalten. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie exakt diese Fähigkeiten benötigen, um in dieser turbulenten Zeit gut navigieren zu können. Kinder brauchen in diesem Zeiten, die Möglichkeit aus ihrer Einzigartigkeit schöpfen zu können. Das wird ihnen ermöglichen in der Zukunft eine Arbeit zu haben, die sie erfüllt. Es wird Berufe geben, die wir im Moment noch nicht einmal denken können.
Daher ist es wichtig, dass die Kinder nah an ihrem wissenden Kern bleiben können.
Damit Erwachse das verstehen und Lernfelder für Kinder schaffen, die das ermöglichen, muss ich exakt das für Erwachsene erfahrbar und spürbar machen.
Genau das habe ich im vergangenen Jahr vor einer Gruppe von etwa 50 Menschen zum Ausdruck gebracht. Auf meine Äußerung und vor allem auf das öffentlich machen meines Traumes, haben sich Martina Tadli und Fabian Büser unabhängig voneinander gemeldet und gesagt:
„Da bin ich dabei!“
Wir haben uns getroffenen unser Gemeinsames darin entfaltet. Wir haben in Gesprächen genau das herausgefiltert, wo sich unser aller Träume treffen. Es würde um das wundersame Lernen gehen und es würde um die Zukunft der Arbeit gehen. Wir drei wollten eine Veranstaltung kreieren, in der Erwachsene zusammen kommen und auf der Basis der Themen ‚Lernen‘ und ‚Arbeit‘ zukunftsfähiges Konzepte entwickeln, die sie dann später in ihrer unmittelbaren Umgebung aussäen könnten.
Das Ergebnis, was aus den persönlichen Ideen der Einzelnen entstanden ist, ist das EduWorkCamp 17.+ 18. November 2017, in Herborn (Hessen).
Ich würde mich sehr freuen, wenn du dabei bist und mit uns gemeinsam co-kreierst, wie das Lernen und die Arbeit der Zukunft aussehen könnte, damit sie Menschen im doppelten Sinne nährt. Schau dir unsere Einladung an und sei dabei:
Wenn Erwachsene dem Lernen im Weg stehen.
Wenn Erwachsene dem Lernen im Weg stehen. Wenn Eltern schwimmen wollen, aber dabei nicht nass werden wollen.
Heute stehe ich wie eine Tanne in der Überzeugung, dass Freiheit und Selbstbestimmung, in und für die Erziehung von Kindern, von größter Bedeutung ist.
Ich bin unumstößlich darin. Das fällt mir immer wieder auf, wenn ich bemerke, dass ich Menschen damit verunsichere, verschrecke oder gar verärgere.
Ich war nicht immer so stark in meiner Überzeugung. Es gab Zeiten, in denen ich vielleicht ähnlich verunsichert war, wie du es vielleicht heute bist.
Bezüglich meiner Ansätze in der Erziehung der Kinder, später auch der Bildung der Kinder, war ich hier in meiner Umgebung des Westerwaldes eine Vorreitern. Natürlich hat man mir eine Menge Gegenwind gegeben, aber ich war zu den Zeiten in den Ideen von Freiheit, Selbstwirksamkeit und Gleichwürdigkeit schon recht verwurzelt, so dass ein bißchen Wind mir nichts anhaben konnte.
Heute weiß ich, dass dieser Wind notwenig war, meine Wurzeln (Überzeugungen) zu stärken. Mit dem Wachstum meiner Wurzeln und dem späten sichtbar machen meines Weges wurden auch die Anforderungen größer, die an mich als ‚Baum‘ gestellt werden.
Der kleine Baum war der, der versucht hat, die Kinder möglichst nach den eignen Maßstäben hat entscheiden zu lassen. (bezogen auf Nahrung, Kleidung, Entscheidungen des Alltags…) Der etwas größere Baum war der, der das erste Kind aus der Schule genommen hat, ohne zu der Zeit eine echte Alternative zu haben. Noch etwas stärker war ich verwachsen, als ich die Kinder in eine freie Alternativschule gebracht habe und die Umstände über Jahre so organisiert habe, dass sie für unsere Familie passten. Noch stärker wurde ich mit der Trennung vom Vater der Kinder. Die ganze schöne Vorstellung vom Lebenslernweg meiner Kinder geriet mächtig ins Trudeln. Doch meine Wurzeln waren hilfreich und ich konnte weiter wachsen und Möglichkeiten schaffen, die nicht im Traum vorstellbar gewesen wären. Das Leben hat sie hervorgebracht, mit dem Treibstoff meines Wunsches für diese Art Lernweg für meine Kinder.
Noch größer wurde die Tanne, als sie den jüngsten Sohn, mit gerade acht Jahren, in ein Internat gab, dass ihm die Möglichkeit gab seinen Geschwistern zu folgen. Er wollte auch in der Summerhill-School sein. Doch für mich war es sehr schwer, denn er war der Jüngste und Kleinste. Sein Umzug nach England, hat für mich bedeutet, von einem auf den anderen Tag das ‚aktive Mutter sein‘ loszulassen. Dieses Loslassen wurde plötzlich notwendig, viele Jahre, bevor Kinder für gewöhnlich aus dem Haus gehen.
Noch immer bin ich in diesem Wachstumsprozess und die Entscheidungen der Kinder und das, was ich dazu tun kann oder eben nicht, wandeln mich, stärken meine Wurzeln. Der Weg der Kinder formt meinen Weg im selben Moment mit, fordert meinen Wandel und meine Veränderung.
Wenn ich mir wünsche, dass die Schule ein Wachstums und Entwicklungsraum ist, dann bedeutet es notwendigerweise auch für mich, dass ich diesen Wachstums- und Entwicklungsweg mitgehen muss.
Viele Eltern sitzen leider noch der Idee auf, dass sie die Kinder zwar auf eine freiere Form von Schule geben möchten, aber versuchen trotzdem von ‚hinten‘ die Kinder und im weitesten Sinne auch die Schule zu beeinflussen, weil sie ihre ‚Hausaufgaben’ als Eltern nicht machen ‚möchten‘.
Sie geben, die Kinder in eine freie Schule oder Initiative, wünschen sich, dass die Kinder schwimmen, wollen aber im selben Moment nicht, dass die Kinder nass werden.(Sie als Eltern nass werden)
Die große Herausforderung für die Eltern besteht in meinen Augen darin, dass neben den Wurzeln der Kinder, vor allem auch die Wurzeln der Eltern gestärkt werden. Dadurch, dass du dein Kind in einer alternativen Form lernen läßt, bist du gefragt dich zu stabilisieren, damit deine Wurzeln an Stärke bekommen können.
Dein Kind lernt zwar auf eine alternative Art und Weise, aber deine Fragen an eine sichere Zukunft für dein Kind werden herausgefordert. Es ist, wie eine Form der persönlichen Nachentfaltung und bietet für Eltern große Chancen für persönlichen Wachstum.
Je mehr du den Kindern die Freiheit und das Abenteuer des Lernweges zugestehst, desto mehr wird ganz automatisch der Gegenspieler herausgefordert und das ist in diesem Fall unser elterliches Bedürfnis nach Sicherheit.
Wenn du dir dessen nicht bewusst bist, dass hier deine Ängste und Unsicherheiten herausgefordert werden, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass du zu den Eltern gehörst, die in der Institution eine Menge Wirbel machen.
- Dann willst du vielleicht Freiheit für dein Kind, aber dann doch sicher stellen, dass es in den Englisch Unterricht geht.
- Du willst die Selbstbestimmung, willst aber darauf bestehen, dass dein Kind sich vorzugsweise vegan ernährt.
- Du willst das freie Spiel in der Schule eine große Rolle spielt, aber dann bitte auch festgesetzte Lernzeiten durchsetzen.
Du versuchst unbewusst dein Bedürfnis nach Sicherheit dem Kind oder der Institution auf die Schultern zu packen.
Dem Wunsch nach freieren Formen des Lernens für dein Kind, steht oft die Angst der Eltern entgegen, ob sie wohl das richtige getan haben, wenn das Kind dann vielleicht mit 9 noch immer nicht lesen kann, oder die Schreibschrift mir 11 noch immer so krakelig aussieht.
Plötzlich plustert sich deine elterliches Bedürfnis nach Sicherheit für dein Kind ( geregelte Schule, Noten, Abitur) , wie eine übergroßes Monster vor dir auf. Es konfrontiert dich mit deinen Ängsten und deinen Unsicherheiten.
Dann brauchst du unter Umständen eine Menge gute Unterstützung und Kraft, das alles ok sein kann und alles zur rechten Zeit an seinen Platz fallen wird.
Dieses Hin- und Hergleiten von uns Eltern ist gar nicht schlimm. Es ist völlig verständlich und sogar gut, dass es das Gleiten gibt. Wichtig ist lediglich, dass du dir dessen bewusst bist. Es braucht ein gutes Wissen, dass Lernen bei den Kleinsten und eben auch bei uns Eltern zwischen Abenteuer und Sicherheit pendelt.
Es braucht eine gute Unterstützung und ein Wissen darüber, dass es zunächst einfach nur die Bereitschaft braucht diese Formen von freierem Lernen und sich entwickeln anzugehen. Dann erkenne ich als Elternteil, dass ich da mitten drin in dem Boot sitze und ganz unmittelbar gefragt bin dieses Boot auf Kurs zu halten, auch wenn es draußen mal ein wenig stürmen kann.
Auf Kurs halte ich das Boot, in dem ich mich als Erwachsener um mein Gleichgewicht kümmere, statt zu versuchen das Lernschiffchen der Kinder (oder der Schule) ständig in eine andere Richtung zu schicken.
Ich halte es für sehr sinnvoll, wenn sich Erwachse vermehrt um ihr eigenes Gleichgewicht in diesem noch wackeligen Boot des freien und selbstbestimmten Lernens kümmern.
Dazu zähle ich gute Gespräche mit Menschen, die den Weg schon lange gehen. Lesen von und über die Vordenker und Reformpädagogen, Gespräche mit den eignen Kindern, ohne deren vermeintliche Defizite einzusetzen, um die ganze Initiative zu schütteln. Alle Unterstützungsstrukturen sind bedeutsam, die den Kindern helfen, ihren persönlichen Weg im Lebenslernweg zu entfalten, ohne das die Erwachsenen sie zu sehr, mit ihren verständlichen Unsicherheiten auf dem ‚neuen‘ Weg, belasten.
Mit meiner Arbeit verstehe ich mich als eine Art Lernbegleiterin für Erwachsenen. Ich helfe ihnen ihre eigenen Hausaufgaben zu machen, damit Kinder mit großem Maß an Freiheit und Selbstbestimmung lernen können. Bis wir Bewusstheit darin entwickelt haben, stehen wir Erwachsenen da doch leider oft im Weg.
Nutze meine Beratung, wenn du dir Unterstützung wünschst, um deine Unsicherheiten an ihren Platz zu rücken. Hier findest du mein Angebot.
Erst die Würde und dann das 1x1.
Es war nicht recht, meine erste Tochter in die Regelschule einzuschulen. Das weiß ich ziemlich genau, denn ich musste zur Einschulung weinen. Nicht etwa vor Rührung sondern aus purer Enttäuschung und auch vor Wut. Ich war ungehalten mit mir selbst, weil es mir damals nicht möglich war in Alternativen zu handeln. Da war lediglich dieses Gefühl im Bauch, dass es nicht stimmig war, das es schlichtweg verkehrt war, sie in die Schule unseres Ortes einzuschulen.
Mit der Einschulung trafen Welten aufeinander. Damals hätte ich es noch nicht in Worte fassen können, wie sehr meine Wertvorstellungen an eine menschengerechte Bildung eines jungen Menschen, strapaziert waren. Durch die Erfahrung der Einschulung und erste Erlebnisse warteten meine Überzeugungen regelrecht darauf, an der Oberfläche auftauchen zu können. Es war schon in mir drin, dass Lernen für Kinder völlig anders laufen müßte, als das, was ich selbst erfahren hatte und vor allem als das, was ich nun zum Thema Schule für meine Kinder hatte.
Diese inneren Überzeugungen konnte ich deutlich wahrnehmen, mit dem Empfinden das die äußeren Umstände für meine Kinder und meine Überzeugungen für einen gesunden menschlichen Lernprozess nicht übereinstimmten.
Schon vor der Geburt meiner ältesten Tochter, war ich der festen Überzeugung , dass Lernen zu 100% in der Verantwortung des Kindes liegt und das ich nichts „tun“ müsste, um hier bestimmte Richtungen vorzugeben. Alles was sie brauchen würde, würde durch die richtigen Personen und die geeigneten Umstände auf sie zu kommen. Mein Kind würde einfach mit uns Leben und fertig.
Ich müsste lediglich eine Umgebung gestalten, in der sie ungestört spielen kann. Spielen wäre dann die Art, wie sich mein Kind die Umwelt erschließt (wie sie lernt) und hat mit Gesellschaftsspielen und ‚pädagogisch wertvoll‘ miteinander spielen nichts zu tun. Auch wenn das natürlich mal dazugehören kann. Es wäre nicht gut eine Art Spiel zu promoten, mit der ich als Erwachsene Lernen ‚in‘ ihr hervorbringen müsste.
Ich dachte auch, dass ich einfach wollte, dass das, was um uns herum ist, ihr Spielfeld ist. Wenn ich auch gestehen muss, dass ich damals große Schwierigkeiten hatte den Fernseher oder die neuen Technologien als Spielfeld zu sehen. Nach fast 25 Jahren habe ich diese Einstellung mehr und mehr relativieren können. Es sind über die Jahre einfach die Werkzeuge unserer Zeit geworden und der Umgang mit ihnen erschließt den Kindern etwas, was in ihrer Zeit erschlossen und weiter entwickelt sein will. Sie brauchen den artgerechten Zugang dazu, so wie unsere Vorfahren lernten mit Axt und Feuer umzugehen. (Mit Axt, Feuer und Natur sollten sie meiner Meinung nach dennoch umgehen können. Dieses enorm wichtige Wissen ist ein Wissen, dass ihren Wurzeln entspringt und sie 'rück(ver)bildet' mit ihrem Urgrund.)
Ich war auch der Überzeugung, dass es für mein Kind schon früh wichtig sein könnte, Zeiten mit ganz anderen Personen zu verbringen. Ich habe hier eine Menge Erfahrung gesammelt. Ich habe beobachtet dürfen, wie sehr mein Kind es genoß mit anderen Menschen Zeit zu verbringen, zu spielen, Ausflüge zu machen oder gar ins Bett gebracht zu werden. Das konnte nur im Vertrauen zu diesen Personen wachsen, nicht etwa in Kontakt zu Personen, die zwar Zeit mit ihr verbrachten, sie aber ohne Unterlaß bewerteten. Es ist schon richtig, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen. Nur eben keine künstliche Schulumgebung, die nichts anderes zu tun hat, als diesen jungen Menschen zu bewerten und in Form zu biegen. Mit Lernen, so wie ich es verstehe, hat das erst mal nichts zu tun.
Daran schließt sich eine weitere Erkenntnis an, die unmittelbar aus der Beobachtung meiner Kinder gewachsen ist. Sie entscheiden, mit wem sie sein und spielen wollen. Ihr eigenes, inneres Wissen ist sehr fein gestimmt. Wie kann es auch anders sein? Denn so vieles beruht auf Resonanzen, die Menschen miteinander haben oder eben nicht. Das kenne ich doch von mir auch. Wie könnte ich da auf die Idee kommen, dass mein Kind jetzt, ab dem Schulalter nur noch mit Gleichaltrigen unterwegs sein sollte? Hast du schon einmal gesehen, wie toll große Kinder mit wesentlich kleineren Kindern spielen können? Wie kleinere Kinder still und sehr wachsam einfach nur in der Umgebung von größeren Kindern sind und quasi alles aufsaugen, was sie wahrnehmen. Sie sind einfach nur dabei und sowohl Ältere als auch Jüngere haben etwas davon. Als Erwachsener würde man aber kaum je auf die Idee kommen, diese Altersgruppen zusammen zu stecken. Erwachsene haben leider in vielen Fällen sehr wenig Gespür für die Feinheiten des Lernprozesses. Wir sind hölzern geworden. Anders kann ich mir nicht erklären, dass wir Kindern das zumuten, was wir ihnen bezüglich Lernen zumuten.
Denke ich an meine Kindheit zurück, so habe ich die Zeiten mit deutlich älteren Leuten sehr genossen. ( Ich habe selbst von älteren Kinder auch Stress gehabt, aber das Zusammensein mit anderen Altersgruppen hatte so etwas fast unaussprechliches. Es gehört einfach dazu. Man ist eingebunden und ist dabei und lernt. Dieses unzensierte ‚dabeisein’ einfach sein dürfen hat so viel mit Lernen zu tun. In unserer Gesellschaft, die so sehr auf ‚tun’ und Ergebnisse produzieren getrimmt ist, geht so viel verloren, was für gesunde Lernprozesse förderlich wäre. Kennst du das?
Ich habe zwar damals, als meine älteste Tochter eingeschult wurde, noch gedacht, dass es zum Thema Schule um den Erwerb der Kulturtechnik geht, das die Kinder das 1x1, Schreiben und Lesen lernen, doch erst viele Jahre später hat sich mir erst erschlossen, was das Lernen wirklich ausmacht, dass ich mir für (meine) Kinder wünsche.
Heute, mit sechs Kindern und vielen Erfahrungen mit Schulen und Lehrern, die ebenfalls meine oder ähnliche Werte transportieren möchten, bin ich der Überzeugung, dass es tausendfach von Bedeutung ist, die Kinder in eine stabile, demokratische und vor allem erfahrende Gemeinschaft einzuflechten. Für mich ist völlig zweitrangig geworden, in irgendeiner Form auf das Erlernen der Kulturtechniken zu bestehen oder dies zu forcieren. Wenn die anderen Voraussetzungen stimmen, dann kann das Erlernen der Basics kaum verhindert werden.
Mit ‚erfahren‘ meine ich, dass es wertvoll ist, wenn die (Schul)gemeinschaft Erfahrung hat, wie man mit Konflikten umgeht. Was man tun muss, damit Mobbing keine Rolle spielt. Wie sich die Gemeinschaft zeigt, damit es den jüngeren möglich wird in eine Eigenverantwortung hinein zuwachsen.
Dies sind beispielsweise Grundvoraussetzungen, dass sich jedes Kind in der Gemeinschaft gesehen und gehört fühlt. Sie müssen das Gefühl haben ein wertvoller Teil der Gemeinschaft zu sein und auch, das sie Einfluss auf die Gemeinschaft haben. Sie brauchen das Gefühl sich auch Fehler und Vergehen in der Gemeinschaft erlauben zu können und trotzdem ein geliebter Teil der Gemeinschaft zu sein.
Zu allererst die Dinge die ich aufgezählt habe und dann das 1x1. So würde ich meine Vorstellung von Schule heute beschreiben. Das ist die Voraussetzung, damit selbstbestimmtes und würdevolles Lernen überhaupt möglich wird. Das Wort ‚würdevoll‘ habe ich hier ganz bewusst gewählt. Die Würde als Voraussetzung für gesundes Lernen, wird in meinen Augen noch viel zu sehr außer Acht gelassen. Sie ist eine wesentliche Zutat für das Lernen. Zuerst kommt die Sicherheit und das Aufgehoben sein in einer Lerngemeinschaft. Dann erst erhöhen sich die guten Voraussetzungen für einen gesunden Lernprozess der Kinder.
Solange wir die Integrität der Kinder nicht beachten und etwas naiv meinen, dass es zunächst um Lesen, Schreiben und Rechnen geht, haben wir etwas gehörig mißverstanden.
Eltern und Pädagogen, die meine Beratung in Anspruch nehmen, befinden sich ganz deutlich in einem Prozess der Wandlung ihrer Ansichten und Herangehensweisen bezüglich Erziehung und Lernen. Sie wünschen sich im Alltag ihre Herausforderungen mit den Kindern auf andere Art und Weise stemmen zu können. Sie kommen zu mir, wenn sie erkannt haben, dass es keine Methoden und keine Konzepte mehr gibt, die sie mit ihren Umständen weiterbringen. Sie kommen, wenn sie sich aufgemacht haben, andere Qualitäten in sich aufzutun. Ich freue mich, wenn wir uns kennenlernen. Hier findest du mein Angebot.
Was ist Erziehung? Gorilla-Weisheit in einer vermutlich fiktiven Geschichte.
Was ist Erziehung? Gorilla-Weisheit in einer vermutlich fiktiven Geschichte.
Begleite diese Mutter ein Stück auf ihrem Weg durch einen ganz normalen Alltag. Vielleicht wirst du auf wundersame Weise einen andern Blick auf deine Alltagsherausforderungen im Leben mit Kindern erhalten.
„So hilf mir doch“, dachte die junge Mutter, und sandte damit ein Stoßgebet an das Universum.
Sie musste mal raus von zu Hause und war daher mit dem jüngsten Sohn im Kinderwagen in den Zoo gefahren. Es tat ihr gut die häusliche Umgebung hinter sich gelassen zu haben.
Das Gequengel, die Wäsche, den ständigen Anblick dessen, was auch noch zu erledigen wäre, alles schnürte ihr ein enges Band um den Brustkorb.
Sie fuhr mit ihrem Sohn von Gehege zu Gehege und konnte den Gedanken nicht loswerden, dass sie selbst sich in einer ähnlichen Situation befand, wie die Tiere im Zoo.
Sie fühlte sich in ihrem Alltag hoffnungslos eingesperrt.
Im Grunde ging sie gar nicht gerne in den Zoo, denn der Anblick der meisten Tiere, versetzte ihre sensible Seele in Unruhe und Trauer. Die Augen der meisten Säugetiere waren ausdruckslos, fahl und lehr.
Doch heute fühlte sie sich vom Zoo magnetisch angezogen. Während sie den im Zoo vorgegebenen Wegen folgte, verstummte ihre Gedankenkarussell allmählich und wich einer gewissen inneren Taubheit. Der Kleine war eingeschlafen.
Inzwischen war sie am Affenhaus angelangt und sah die alte Gorilla Dame unweit der Glasscheibe sitzen. Sie saß in nur etwa zwei Meter Entfernung. Zu nah, um sich ihrem Einfluss zu entziehen.
Die Mutter setzte sich auf die Bank und befand sich regelrecht auf Augenhöhe mit ihr. Sie blickten einander an, eine große Stille umgab die beiden. Man hätte eine Haarnadel fallen hören.
Ein wortloser Gedankenaustausch stellte sich ein.
Nun formten sich diese Worte erneut in ihrem Inneren und richteten sich diesmal direkt an die Gorilla. „So hilf mir doch“, sagte die Mutter zu der Äffin mit den tiefbraunen und besonderen Augen. „Ich bin verloren, ich weiß nicht mehr, was zu tun ist? Ich kann nicht klar sehen in dem ganzen Erziehungsnebel. Ich habe den Eindruck in einem Karussell zu sitzen, dass sich immer schneller dreht? Mir fehlt die Erdung und der Anker. Warum ist es für uns Menschen so kompliziert, mit den Kindern zu wachsen? Was ist Erziehung?“
In ihrem Kopf nahm die Mutter die Stimme des Gorilla Weibchens wahr.
Sie sagte: „Ihr Menschen macht es euch viel zu kompliziert. Eure heil- und ziellosen Gedanken erschweren euch das schlichte Dasein. Ihre habt euch viel zu sehr vom Leben entfernt. Dir insbesondere fehlt das simple, unmittelbare Wahrnehmen deiner sinnlichen Empfindungen. Du bewegst dich nur noch wie ein blutleerer Geist durch den Alltag. Deine Kinder spüren das. Sie fordern dich mit großer Anstrengung auf, „zurück“ zu kommen. Sie brauchen dich ganz unmittelbar in deinem Körper. Schau dir Tiere an, lerne von ihnen.
Letztendlich geht es nur darum, deinen Kindern deine wohlreflektierten Werte und Verhaltensweisen zu vermitteln und das auf der Grundlage von Geborgenheit und Sicherheit. Dabei kannst du auch Fehler machen. Wie sonst soll das gehen? Das ist alles. Das kannst du doch? Mach es dir nicht unnötig kompliziert!"
Tränen der Rührung und Dankbarkeit wischte die Mutter sich mit dem Handrücken aus dem Gesicht. Sie schniefte einige male während sie die Wahrheit dessen spürte, was ihr die Gorilla vermittelt hatte.
Die Mutter bedankte sich und fragte, ob es etwas gäbe, was sie tun könne, um der Äffin in ihrer widrigen Situation im Zoo zu helfen?
„Ich danke dir für deinen Besuch und deine Fürsorge. Ich freue mich, wann immer du wieder vorbei kommst. Alles ist gut. Ich bin da, für alle, die m(ich) sehen und hören können. Es ist wie es ist.“
Auf ihrem Heimweg spürte die Mutter eine enorme Erleichterung. Zuviel hatte sie sich und ihrer Familie in der Vergangenheit auf die Schultern gepackt. Ihre Kinder waren ein feiner Seismograph. Sie würde ihn besser lesen lernen. Sie würde sich damit beschäftigen, welche künstlichen Konstrukte sie loslassen könnte und wo sie ihr Gepäck erleichtern könnte.
Sie wollte sich aufmachen, die Einfachheit und Natur der Dinge zu erkennen. Sie wollte Ballast abwerfen und wieder lauschen lernen.
Wie du dir Freiheit in Erziehungsfragen ertanzen kannst.
Sich die Freiheit zu nehmen in Erziehungsfragen die eigene Choreografie zu entwickeln und den allseits geforderten Gleichschritt zu verlassen, erscheint mir heute wichtiger denn je. Das Leben mit manchen Kindern und die alltäglichen Herausforderungen machen es geradezu notwenig ganz eigene Tanzschritte zu erfinden. Dies ist meine Ermutigung dich aufzumachen und vor allem das schlechte Gewissen und Schuldgefühle hinter dir zu lassen.
Wenn es so einfach wäre mit der Erziehung der Kinder, dann würde nicht so viel geschrieben, behauptet, ausprobiert und verworfen. Es gäbe nicht so viele verschiede Positionen und strittige Ansätze. Manchmal gibt es ja in einem einzigen Haushalt schon mindestens zwei verschiedene Meinungen, wie Erziehung ‚richtiger‘ wäre.
Da stellt sich mir ganz unmittelbar die Frage, welchen guten Boden oder welche tragkräftigen Ansätze es gibt? Viele Kinder führen, trotz unterschiedlichster Ansätze, Vorbedingungen, Umstände und machmal auch tragischen Schicksalsschlägen, ein zufriedenes und gutes Leben.
Ich frage mich, was zu einem guten Gelingen beiträgt? Was ist ein guter Nährboden, für egal welche vielschichtigen Umstände?
Als ich darüber nachdachte, ist mir das Wort „Freiheit“ eingefallen. Aus meiner eigenen Erfahrung und der Beobachtung meiner Umgebung, insbesondere auch in Beratungszusammenhängen, scheint es mir so zu sein, das Familien, die in irgendeiner Form die Freiheit des Einzelnen als Basis für die Entwicklung ihrer Familie sehen, die größte Gelassenheit und Geschmeidigkeit zeigen.
Wenn ich mal ganz unbedarft mit dem doch so großen Wort „Freiheit“ jonglieren darf, dann habe ich im einerseits mit einer stabilen, soliden Boden(platte) zu tun. Andererseits ist dann im selben Moment auf der tragenden Bodenplatte, eine gewisse Bewegung in alle Richtungen, Flexibilität und stetige Richtungsänderung möglich. Diese stabile Bodenplatte der Freiheit gibt das Solide und das Stabile, auf ihr ist aber dann Flexibilität und Beweglichkeit in alle Richtungen möglich.
Diese Freiheit im Umgang in der Familie ist nichts Starres, sie ist nicht etwas, dass erzwungen werden kann, sondern sie ist vielmehr etwas, was sich entfaltet und entwickelt.
Ich finde diese Orientierung in Richtung „Freiheit“ meist bei Eltern, die ganz von Anfang an einen mehr freiheitlichen Umgang mit ihren Kindern pflegen möchten. Sie machen sich auf und entwickeln sich selbst in den Prozeß den Kindern ein großes Maß an Freiheit gewähren zu wollen.
Dasselbe möchten sie für sich selbst in Anspruch nehmen und finden sich damit in einer ähnlichen Herausforderung, als wenn sie Seiltanz erlernen müssten. Sie nehmen diese Herausforderung an und schulen sich im Seiltanz. Sie schreien und jammern nicht (so oft), sie erlernen Seiltanz. Manchmal fallen sie runter und müssen wieder hochklettern.
Dazu passt, dass diese Erwachsenen die Eigenarten der Kinder zunächst einmal anerkennen und zu beobachten lernen, statt diese ‚weg zu erziehen‘ wollen.
Diese Erwachsenen bekommen Pickel und Hautausschlag, wenn sie Kinder in Strukturen wissen, in denen bewusst oder unbewusst die Ansätze von Kontrolle, Manipulation , Korrektur und aus Angst gepflanzter Disziplin, vorherrschen.
Vielmehr haben diese Erwachsenen die Idee, dass Selbstregulation in der Beziehung zum Kind eine große Rolle spielen sollte. Sie wünschen sich, dass der individuelle Lernprozess des Kindes sich genau darauf aufbauen und entfalten sollte.
Ich habe den Eindruck, dass sich diese Erwachsenen einen Lebensstil erarbeiten, der ein großes Maß an Freiheit im Leben mit den Kindern gewähren soll. Manchmal ist das aufreibend, denn die Erwachsenen müssen sich etwas zurückerobern, von dem sie in ihrer eigenen Kindheit unter Umstanden nicht viel hatten.
Wer bin ich? Was will ich? Hier bin ich, dass will ich? Was willst du? Wie kriegen wir das hin? Das alles sind Fragen, die in der eigenen Erziehung vielleicht nicht allzu bedeutsam waren, die sich aber jetzt im Leben mit den eigenen Kindern kraftvoll ihre Bahn suchen.
Ich habe dir heute diese Gedanken zur Orientierung notiert, damit du dich in diesem ganzen Hin und Her in deinen persönlichen Erziehungsfragen ein wenig besser orientieren kannst, deinen „Standort“ auf deiner Bodenplatte besser finden kannst, um dann genau aus dieser Stelle heraus beweglich, geschmeidig und flexibel sein zu können. Es ist meine Einladung, die feste Bodenplatte und deine Bewegungen und Richtungsänderungen darauf, als deinen persönlichen Tanz zu erkennen. Dies ist viel stärkender, als dem Irrtum aufzusitzen, dass du ständig alles verkehrt machst. Dieser Tanz ist einfach ein Teil von dir oder mir, der die Brücke in eine neues Erziehungskultur baut.
Gerne stehe ich dir bei den einen oder anderen Fragen auf dem Tanzboden als „Tanzpartnerin“ zur Verfügung. Meine Angebote dazu findest du hier.
Fortschrittliches Unternehmen stellt 2-jährige Kinder ein.
Fortschrittliches Unternehmen stellt 2-jährige Kinder ein. Utopisch?
Aktuellen Presseberichten zur Folge, hat ein junges, dynamisches, europaweit agierendes Unternehmen 2-jährige Kinder unter Vertrag genommen.
Nach der Ausschreibung waren die Stellen in Kürze vergeben. Man war auf der Suche nach den Persönlichkeiten, die im Unternehmen zukunftsweisende Neuerungen einleiten und vor allem begleiten sollten.
Aus der großen Menge an Bewerbungen hat man sich für sieben 2-jährige Kinder entschieden. Diese zeigten am eindrücklichsten die gesuchten Qualitäten, die das Unternehmen in das 21. Jahrhundert führen sollten.
Aus vertraulicher Quelle konnten wir in Erfahrung bringen, dass man Querdenker und Zukunftsmacher für diese verantwortungsvolle Position suchte.
Von den verantwortlichen Mitarbeitern in der Personalabteilung wurden wir in Kenntnis gesetzt, dass unter dem Aspekt ‚Querdenker‘ diese Bewerber für besonders geeignet gehalten wurden, die einen ausgeprägten Eigenwillen hatten. Man schätze Interessenten, die auf unverwechselbare Art und Weise verstanden hatten, sich für ihre Interessen einzusetzen. Man war genau nach diesen Mitarbeitern auf der Suche, die ein gutes Gespür dafür hatten, wie man durch gezieltes ‚dagegen sein‘ und kraftvolles in eine andere Richtung aufbrechen, ein ganzes Unternehmen wach und präsent halten kann.
Für die Herausforderungen des modernen Unternehmens in dieser hochkomplexen Zeit, war man darüber hinaus auf der Suche nach ‚Zukunftsmachern‘.
Nachdem die betriebsinternen Forschungsabteilung zu der Erkenntnis gekommen war, dass der geeignete, gesuchte neue Mitarbeiter ebenfalls in diesem Alterssegment zu finden sei, war man dankbar, denn man konnte das Recruiting in einem Prozess abwickeln.
Die neu unter Vertrag genommenen Mitarbeiter vereinbarten optimale Qualitäten eines Zukunftsmachers. Diese jungen Menschen haben folgende Eigenschaften:
- Wenn man sie frei schöpfen läßt, dann haben sie eine unermessliche Energie, da sie sich selbst im eigenen Schöpfungsprozess wieder ‚aufladen‘ können.
- Sie verstehen es, Menschen unmittelbar für ihre Interessen zu gewinnen.
- Sie sind in der Kontaktaufnahme und im Netzwerken unschlagbar.
- Sie bestechen durch ihre hervorragende Fähigkeit der Problemlösung.
- Durch ihre authentische Art verstehen sie es Menschen unmittelbar im Herzen zu berühren.
- Forschertrieb, Leichtigkeit und geistige Flexibilität gehören zu ihren herausragenden Stärken.
Inzwischen ist ein gutes halbes Jahr vergangen. Auch die Eltern der neuen Mitarbeiter im Unternehmen konnte sich mit ihrer neuen Lebenssituation gut arrangieren. Die Zweijährigen verdienen im Unternehmen überdurchschnittlich gut. Ihr Jahreseinkommen liegt im sechsstelligen Bereich.
Damit ist es gegeben, dass sich die Eltern ganz und gar ihrer persönlichen Nachentfaltung widmen können. Sie haben nun Zeit, sich durch die Erziehung der Vergangenheit verloren gegangene Lebensqualitäten und Grundrechte zurückzuerobern. Eltern müssen mit den Kleinsten lediglich 4 Stunden täglich im Unternehmen verbringen und werden angehalten sich liebevoll zurückzuhalten und mehr in eine begleitende und beobachtende Haltung zu gehen. Dafür mussten Eltern zunächst in speziellen Schulungen vorbereitet werden.
Auch das notwendige Begleiten der Zweijährigen im Unternehmen der Zukunft macht Eltern fit für ihren vielversprechenden, zukunftweisenden Job. Diesen Herausforderungen könnten sie mit den Herangehensweisen aus der Vergangenheit nur schwer standhalten.
Alte Prägungen, die sich durch zu frühe Disziplinierungsmaßnahmen und ein zu frühes Ausrichten auf den Erwerb der Kulturtechniken ausgerichtet waren, müssen für den Job im 21. Jahrhundert langsam abgelöst und verändert werden.
Die Veränderungen der neuen Zeit machen es dringend erforderlich, dass mehr Aufmerksamkeit in die Entwicklung der Herzensqualitäten gelegt werden. Erwachsene benötigen Raum und Zeit für Nachentfaltung. Durch den vergleichsweise guten Verdienst der Zweijährigen kann das nun gewährleistet werden.
Die Eltern können sich nun primär auf ihre Liebesbeziehungen und das Heilen ihrer Verletzungen konzentrieren.
Die Last der Erwachsenen, sich um den Familienunterhalt zu kümmern entfällt nun und sie können sich endlich dem widmen, was von ihrer Seite getan werden muss, um neue Strukturen zu kreieren, die ein gesundes Zusammenleben aller gewährleisten.
Wahr, unfassbar oder frei erfunden? Gerne lese ich deine Ideen dazu?
Mein Aufruf zurück zur Einfachheit der Dinge.
Mein Aufruf zurück zur Einfachheit der Dinge. Alles abgesichert und gerade deshalb völlig daneben.
„Früher sind wir sogar selbst auf Bäume geklettert, so manche Zeit haben wir einfach nur da oben gesessen, Zeit verdöselt, wir haben Kirschen gegessen und die Steine runter gespuckt und - ja, manchmal sind wir sogar runter gefallen“ sagte der alte Mann mit einem leicht ironischen Unterton.
Ich konnte wahrnehmen, wie er sich innerlich über die Neuerungen der modernen Zeit lustig machte. Auf unserem Spaziergang schlenderten wir an den Besuchern eines Kletterparks vorbei.
Die Menschen standen in einer Schlange vor dem Kassenhäuschen, dann wieder in einer Schlange vor dem Fenster, wo Helm, Sicherheitsgurt und Handschuhe ausgegeben wurden. Nur, um sich dann in die Versammlung einzuordnen, die ihnen das Klettern in den Bäumen fachkundig erklären sollte.
Zuvor hatten sie sich Zeit nehmen müssen, um einen auf einem Klemmbrett befestigten Zettel auszufüllen, der sie über Risiken und Gefahren informierte, sowie Informationen erfragte, die notwendig sein könnten, wenn wider aller Vorkehrungen etwas passieren würde.
Zwischen dem Wunsch, schlicht und einfach einen Baum zu erklettern und der eigentlichen Tat lagen unter Umständen eine Autofahrt, eine Parkplatzsuche, ein Bezahl-Prozess, ein Anpassungsprozess der erforderlichen Sicherheitsstandards, ein geduldiges Rumstehen in einer Schlange, ein Schulungsvorgang und dann erst der eigentliche Annäherungsversuch an den Baum. Der einsprechende Baum, der den Anfang der festgelegten Route markiert, ist mit Seilen umringt, hat Schutzpolster, damit die Drähte ihn (ja, den Baum) nicht verletzten.
Nein, in der Baumkrone sitzen bleiben geht leider nicht, denn vor und hinter dir sind auch Leute, die diesen automatisierten Ablauf durchklettern wollen. Vögel kannst du nicht hören, viel zu laut ist das aufgeregte Geschrei, wenn jemand mit der Seilbahn von einem Baum zum nächsten surrt. Der Blick von oben auf den Kletterpark gleicht vielmehr dem Ausblick aus einer Gondel auf der Kirmes, als das es den Eindruck macht, sich in einem Wald zu befinden.
Was bleibt ist das gesicherte Klettern, der Anstieg und das Abfallen des Adrenalin Spiegels bei der einen oder anderen Herausforderung. Und ja, der Mensch ist auch draußen gewesen, hat mit Jack Wolfskin T-Shirt und einer speziellen Outdoorhose ein Naturerlebnis gehabt.
Mit diesem Beitrag will ich ganz sicher nicht den Wert und die Möglichkeit für Spaß und Freude minimieren, die ein Kletterpark bieten kann. Ich will mit meinem Beispiel darauf hinaus, wie weit unter Umständen die natürlichen Bedürfnisse und die Möglichkeiten für das Erleben der eigenen Natur, strukturiert und organisiert werden.
Wir halten das heute für völlig normal und natürlich gibt es immer auch einen versicherungstechnischen Grund, der das Denaturieren von schlichten und natürlichen Lernprozessen angeblich notwendig macht.
So geschieht es dann, dass die simplen und bedürfnisnahen Aspekte und Kinderwünsche in gewisser Weise pervertiert werden, das naturnahe und einfache verloren geht.
- Da dürfen die Kinder im Kindergarten bei einem Ausflug keine Kirschen vom Baum pflücken, aus Sorge, die Kleinsten könnten sich am Stein verschlucken. Mal abgesehen davon das es Kirschflecken auf dem T-Shirt geben könnte.
- Da kann man mit der Krabbelgruppe keinen Ausflug in die naheliegende Natur machen, weil es keinen Wickeltisch und keinen Wasserhahn gibt. (Auf die Idee auf dem Boden zu wickeln, kommt man nicht)
- Da dürfen die Kleinsten in einer Einrichtung nicht mit auf dem Spielplatz der Größeren spielen, weil die Klettergerüste keine Zulassung für kleine Kinder haben.
- Da kann man nicht raus gehen, weil nicht genug Aufsichtspersonal da ist.
Mit diesen durchgeplanten und optimierten Spaß- und Lernstrukturen lernen unsere Kleinsten, sich nicht mehr unmittelbar mit dem auseinander setzten zu können, was ihre Natur ruft. Selbstvertrauen im selbst motivierten Lernen zu erfahren wird quasi ad absurdum geführt. Es gibt immer gute Gründe dafür, warum es nicht möglich sein kann das Schlichte, das Einfache und das Naheliegende zu erfahren.
Durch unsere organisierte, ewig strukturierte und kontrollierte Art nehmen wir den jungen Menschen die Fähigkeit mit dem Simplen klar zu kommen und vor allem, es genießen zu lernen. Sich an dem schlichten und mit wenig ‚tam-tam’ versehenen, orginären Leben/ Lernen einfach zu erfreuen.
Da tut s der Baum in Nachbars Garten nicht mehr, es muss ein ganzer Event daraus gemacht werden. Alle sind beschäftigt und werden (ver)organisiert. Man läuft wenig Gefahr sich einem gewissen Vakuum oder überschaubaren Gefahren auszusetzen. Immer alles auf Kurs und in der Struktur halten, lautet das unausgesprochene, aber wenig stressfreie Motto.
Kinder sehnen sich nach diesen ganz schlichten und ursprünglichen Erfahrungen. Das ganze Gedöns lernen sie von uns Erwachsenen.
Kirschen direkt vom Baum essen können, einfach irgendwo den eigenen Fähigkeiten gemäß klettern können. Pippi in der Natur machen können, statt nur auf ein WC. Mit ungewaschen Händen mal ein Stück Brot essen können, einfach da sitzen können und in die Wolken schauen dürfen.
An den Stellen, an denen es aus unterschiedlichsten Gründen nicht möglich ist, nah an der Natur der Dinge zu bleiben, bleibt für mich trotz allem die Frage: Was kann ich als Erwachsener im ganz normalen Alltag tun kann, um Ursprünglichkeit in einem großen Umfang zu ermöglichen?
Auch darin liegt für mich ein Schatz verborgen, der Kindern auf lange Sicht einen gesunden Lernprozess ermöglicht und vor allem die Fähigkeit aus sich selber heraus Strategien zu entwickeln und Zufriedenheit überhaupt erfahren zu können.
Damit kann es dann auch mal möglich sein, dass man von einem Baum fällt.
Gerne lese ich von dir, was du persönlich im Alltag tust, um Ursprünglichkeit im Leben der Kinder zu erhalten? Wo darf es einfach und unkompliziert sein? Wo braucht es ganz wenig vom großen ‚tam-tam‘?
Das nächste Tagesseminar: "Wie du Stress und ‚genervt sein‘ im Alltag mit deinem Kind in Leichtigkeit und Freude verwandelst." findet schon bald statt. Info dazu findest du hier.
Mein Aufruf zurück zur Einfachheit der Dinge. Alles abgesichert und gerade deshalb völlig daneben.
Was hat die Bewegungsentwicklung mit dem Lernen zu tun?
„Ich verstehe dich nicht“, sagte Sabrina zu Rebecca. „Was hat denn die Bewegungsentwicklung mit dem Lernen zu tun?“
Rebecca war in ihrer unmittelbaren Umgebung, im Kreis der anderen Frauen nicht so gerne gesehen. Sie wurde als eine gewisse Exotin oder als Paradiesvogel beschrieben. Hinter ihrem Rücken wurde über sie getuschelt.
Sie hatte 2 Kinder und die anderen Mütter mochten sie nicht allzu sehr, da sie oftmals diesen schrecklich entspannten Eindruck machte. Wann immer man sie sah, hatte sie ein Lächeln im Gesicht.
Alleine ihr Anblick, die bunten und farbenfrohen Klamotten, die sie trug, sowie die Art und Weise, wie sie so selbstverständlich und selbstsicher mit ihren Kindern war, konfrontierte die anderen Mütter.
War sie in der Nähe, dann spürten die Frauen, was sie auch gerne leben würden. Sie bekamen einen Hauch von der Idee, wie sie sich das Mutter sein eigentlich vorgestellt hatten.
Wenn sie dann hinter ihrem Rücken bissige Bemerkungen machten, dann war das die Art und Weise, wie sie sich selbst schützen konnten, vor diesem Schmerz, den sie selbst so gar nicht im Griff hatten.
Sie fanden sich in den Situationen, in denen ihre Kinder ständig quengelten, keinen Mittagsschlaf mehr halten wollten, den anderen Kinder Spielzeug über den Kopf knallten. Abends blieben sie bis 10.30 Uhr auf, nur um dann kurz nach Mitternacht ins Ehebett zu kommen. Die Mütter waren so gestresst und so genervt, weil es eben nicht harmonisch war und auch die Ehe unter diesem Dauerstress litt.
Die Geschwister hatten ständig streit, das Einkaufen im Supermarkt war ein Drahtseilakt und die Bemerkungen der Erzieherin im Kindergarten schürten schon mal das Bild, dass man unter Umständen an eine Therapie denken müsse, weil das Kind mit 3,5 Jahren noch keine Schere benutzen könnte.
Doch Sabrina war mutig und sprach Rebecca an, sie wollte nun ernsthaft wissen, was sie tun könnte, um die Lebensqualität ihrer Familie zu erhöhen. Sie wollte wieder lachen können und sich überhaupt wieder entspannen können. Zu lange war es her, dass sie Gelassenheit ausgestrahlt hatte. Mutig hatte sie nun endlich den Kontakt gesucht.
Vergangene Woche hatte sie mit Rebecca beim Abholen im Kindergarten eine Gespräch begonnen. Ihr war aufgefallen, dass Rebecca das Baby oft auf dem Boden ablegt und in Ruhe spielen läßt. Sie selbst würde sich das nicht trauen. Sie hätte zu viel Angst, dass ihr Kind Dreck in den Mund steckt, oder die Kinderkleider schmutzig würden. Überhaupt? Wozu hatte sie denn den Autositz? Darin war der Kleine doch prima aufgehoben und sicher?
Ihr war auch aufgefallen, wie achtsam und vorsichtig Rebecca ihre Kinder aufnimmt, anzieht und mit ihnen spricht. Rebecca zu zuschauen hatte eine heilsame, beruhigende Wirkung auf sie. Ihre Bewegungen mir ihren Kindern hatte etwas von Tai Chi. Als ob sie selten in Eile wäre.
Auf dem Nachhauseweg erklärte Rebecca, wie der Körper und die Bewegungsentwicklung der Kinder ganz unmittelbar etwas mit der Lebensqualität des Kindes zu tun hat. Sie beschrieb ihr, wie das freie Spielen und sein dürfen eine Menge mit der Zufriedenheit im Leben zu tun hat. Bewegung und die Qualität von Berührung sei nahrhaft für ein Kind oder eben Fastfood. Sie sprach von der Lebensqualität eines Babys.
Auch hatte sie ihr erklärt, dass sie das Kleinkind möglichst oft auf dem Boden ablege oder absetze , weil es hier die zweite Mutter(erde) habe. Diese gebe Sicherheit, denn es könne dem Kind nicht so viel passieren, weil es eigenständig auf dem Boden agieren könne und viele tolle Dinge über sich heraus finden könne.
Rebecca hatte das so formuliert:
„Auf dem Boden lernt dein Kind. Es findet heraus, was es kann und hat damit Gelegenheit ein gutes Gefühl zu entwickeln. Die Mutter(erde) lehrt auch wer das Kind ist, denn sie gibt immer Gelegenheit sich zu bewegen und selbst zu erfahren. Das kann dein Kind dann tun, ohne in irgendeiner Weise abhängig von einem Erwachsenen zu sein. Damit hat dein Kind ganz viel Gelegenheit mit sich selbst und seinen eigenen Fragestellungen beschäftigt zu sein. Es lernt, es lernt aus sich selbst heraus. Und dies sind dann die besten Voraussetzungen für lebenslanges freudvolles Lernen. Damit lernst du sozusagen für dein ganzes Leben. Die Wurzeln dafür werden ja hier, ganz am Anfang gelegt, verstehst du?“
„Kann es sein, dass meine Kinder im Gegensatz zu deinen gelernt haben, ständig von mir und meinen Aktionen abhängig zu sein“ ?, fragte Sabrina und fing fast an zu weinen. Es hatte sie eine ganze Menge Mut gekostet, sich einzugestehen, dass sie selbst es gewesen sein könnte, die ihre Kinder und sich in diese Abhängigkeitsspirale gefahren hatte.
Rebecca schaute ihr in die Augen und während sie anfing zu sprechen, strich sie ihr mitfühlend über die Schultern. „Schau, das ist alles gar nicht schlimm. Du hast gar nichts verkehrt gemacht. Jeder macht es gerade so gut, wie er kann. Auch ich habe mir ganz am Anfang meiner Mutterschaft Unterstützung holen müssen und ich bin froh, dass mir Menschen begegnet sind, die mich haben aufhorchen und nachdenken lassen, ohne mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Dafür bin ich sehr dankbar.“
Rebecca hat Sabrina eingeladen. Demnächst wird sie einfach einige Zeit mit ihr verbringen und damit die Gelegenheit haben, Rebecca und ihre Familie beobachten zu können. Sie ist fest entschlossen weiter zu lernen und damit neue Wege zu gehen. Sie will lernen, wie man Dinge anders angehen kann, wie man sich stärken kann. Sie will selbst eine Veränderung sein.
Es fühlt sich einfach richtiger an.
Das nächste Tagesseminar: "Wie du Stress und ‚genervt sein‘ im Alltag mit deinem Kind in Leichtigkeit und Freude verwandelst." findet schon bald statt. Info dazu findest du hier.