Auch „dumm sein“ dürfen hat seine Zeit.
Auch „dumm sein“ dürfen hat seine Zeit. Ich plädiere für mehr Unbedarftheit für Kinder.
Stell dir vor, dass du vor einem Kleinkind stehst. In deiner linken Hand hast du 4 Münzen a 50 Cent. In deiner rechten Hand hast du eine ganze Hand voll 1 Cent Münzen, die einen Gesamtwert von einem Euro haben.
Wenn du das Kleinkind fragst, in welcher Hand du mehr Geld hast, dann wird es höchstwahrscheinlich deine rechte Hand wählen, die einfach voll ist und einen Haufen Geld enthält.
Viele Erwachsene können sich an dieser Stelle über die „Unbedarftheit“ des Kindes freuen. Wir haben Spaß an seiner ‚Blauäugigkeit‘ und haben ein Wissen in uns, dass es in wenigen Jahren ganz automatisch eine andere Sicht auf die Dinge haben wird.
Im Moment mag ich das Wort ‚unbedarft‘ sehr. Es ist ein Wort, dass nicht sehr gebräuchlich ist. Mit dem Wort verbinde ich eine gewisse Naivität und Arglosigkeit.
Und genau davon benötigen unsere kleinen Kinder eine gute Menge. Damit sie frei und selbstbestimmt lernen können, ist es wichtig, dass wir ihnen die Unbedarftheit zugestehen.
Dieses blauäugig sein zu dürfen ist es, was den Kindern den eigenen, selbstbestimmten Lernweg ermöglicht.
Viel zu früh und unaufhörlich wird dieser von Erwachsenen, durch unsere nachhaltige Konzentration auf den rationalen Verstand, korrumpiert.
Dadurch, dass wir schon so früh beginnen den Kleinsten diese Unbedarftheit zu nehmen, manipulieren wir genau das, was sie für den reibungslosen Aufbau ihres eigenen Verständnisses von den Dingen, benötigen.
Fälschlicherweise glauben Erwachsene, dass sie Lernen beschleunigen und optimieren würden, wenn sie eingreifen, korrigieren, erklären oder zeigen, wie es besser gehen würde.
Leider ist genau das Gegenteil der Fall. Wir verhindern den eigenständigen Aufbau des ureigenen Lernweges dieses Kindes.
Ich mache dir hier ein paar Beispiele, die das verdeutlichen können:
- Wenn dein Kind beispielsweise die Farben erlernt, so ist es nicht notwendig, dass du seine Farbebezeichnungen korrigierst, sondern es reicht im Grunde, den ganz normalen Alltag mit den Farben zu leben. Damit kann es sein eigenes „Farbgerüst“ aufbauen, dass sich vielleicht ganz anders , unter Umständen viel differenzierter heranbildet, als du vielleicht meinst. Es ist vielmehr spannend zu beobachten, wie das Kind das macht, als es zu korrigieren.
- Wenn dein Kind noch nicht weiß, dass 2,00 € mehr Geld ist, als eine Hand voll 1 Cent Stücke, dann freu dich, dass es eine Wahl getroffen hat, die für das Kind stimmig ist. Eine gewisse Zeit später kommt es selbst zu Erkenntnissen dieser Art und bis dahin wurde, seine Art zu „rechnen“ nicht korrumpiert. Das gibt dem Kind Selbstsicherheit und Selbstvertrauen.
- Wenn dein Kind eine Amsel auf einem Dach sitzen sieht und sie als Adler bezeichnet, dann freue dich darüber und mache lediglich eine Bemerkung, dass es ein schöner Vogel ist. Dein Kind wird ganz von alleine herausfinden, was ein Adler ist und was eine Amsel ist. Wir müssen ihnen das nicht beibringen. Bei ganz kleinen Kindern halte ich es für sehr wichtig, einfach ihre Freude und ihre Art der Wahrnehmung anzuerkennen und eben gerade nicht zu korrigieren.
- Wenn dein Kind Dinge sieht, die für dich unsichtbar sind, dann gib ihm nicht das Gefühl, dass es ‚verkehrt‘ oder ‚unwahr‘ ist, was es wahrnimmt. In „seiner Welt“ ist das in dem Moment so und in „deiner Welt“ ist das in dem Moment nicht so. Nicht mehr und nicht weniger.
Ich halte es für so wichtig der Unbedarftheit der Kinder eine große Chance zu geben. Vielleicht ist es ja vielmehr so, dass ihre Wahrnehmung viel weiter und geöffneter ist, als je ein Erwachsener erahnen könnte.
Für deren Entwicklung ist es so wichtig, ihnen zu gestatten naiv, arglos und blauäugig zu sein. Von ganz alleine „erarbeiten“ sie sich ihren Weg durch den Dschungel all dessen, was es für sie persönlich zu lernen gilt. Für den Aufbau ihres eignen Lerngerüsts und den Erhalt ihrer Freude am lebenslangen Lernen, benötigen sie in den seltensten Fällen die Korrekturen der Erwachsenen.
Sich diese Dinge zu vergegenwärtigen ist sehr wichtig. Beim Aufwachsen und Lernen geht es um so viel mehr, als den Erwerb der Kulturtechniken und das nahtlose Eingliedern in ein Erwerbsleben.
Letztendlich geht es um das Erforschen des menschlichen Geistes und den Aufbau des selben im gleichen Moment.
Wenn wir uns an die Betrachtungsweise gewöhnen könnten, dass ein jedes Kind ein Flugzeug während dem Flug baut, dann bekommen wir eine Ahnung von dieser enormen Fähigkeit, die es vielmehr anzuerkennen und zu bestaunen gilt.
Diese Wahnsinnsleistung korrigieren zu müssen ist, als ob man dem Meer sagen will, wie Wellen machen geht.
Das nächste Tagesseminar Wie du Stress und ‚genervt sein‘ im Alltag mit deinem Kind in Leichtigkeit und Freude verwandelst findet am 18.02.16 statt. Hier findest du nähere Informationen.
Von der NotWendigkeit immer wieder die Balance zu finden
Wie soll man in Zeiten, in denen es als wesentlich wertvoller angesehen wird, wie effizient man als Mensch ist, wie viele Ausbildungen man hat, welche Ergebnisse man produziert und wie erfolgreich man in dieser oder jener Disziplin ist, seinen Schwerpunkt verlagern?
Wie kann man es schaffen in einer Welt, die sich sehr stark über ihre Produktivität definiert, eine Nische im eigenen Leben zu bauen, die gestattet einfach SEIN zu dürfen?
Dieser Text handelt von der NotWendigkeit immer wieder die Balance zu finden, statt die Kinder durch eine einseitige Verlagerung auf Stress, Effizienz, Produktivität und Erfolg, aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Unscheinbar und fast nebenbei impfen wir die Kinder mit gewissen Grundannahmen, die uns Erwachsenen unter Umständen gar nicht gut tun. Selbst gefangen in diesem ewigen Optimierungs- und Effizienz Wahn atmen Kinder diese stickige, von Reibung und Hitze gewärmte Atemluft. Ganz wesentliche Dinge, gerade die, die für eine gesunde und kräftigende Entwicklung erforderlich wären, geraten dann mal schnell auf das Abstellgleis.
Produktivität und Effizienz haben sicherlich ihre Bedeutung und Berechtigung und ich will ihre Erfolgsgeschichten in keiner Weise minimieren, doch ich glaube, dass es, gerade im Leben mit Kindern noch einen andern Altar gibt, den man ‚anbeten‘ könnte.
Es ist der Altar, der aus uns und unseren Kindern freudvolle Wesen macht, der keine menschlichen Roboter hervorbringt, sondern einen Blick auf die Freude und das Wunder und das Unerklärliche, das wir sind, gestattet.
Das ist für mich die Welt, aus der die Kinder kürzlich zu uns gekommen sind, mit der sie noch stark in Verbindung stehen und aus der sie ihre Kraft und Flexibilität beziehen.
Geopfert wird diese Verbindung mit dem wundersamen, nicht effizienten, manchmal nicht produktiven ganz schnell, je mehr die Kinder für den sogenannten Ernst des Lebens vorbereitet werden. Wenn Erwachsene sich nicht über die Bedeutung und die nährende Kinderzeit und Kinderwelt (beispielsweise des elementare Bedeutung des Spiels) im klaren sind, dann schälen Erwachsene die Kinder aus dieser Hülle, die diese jungen Menschen nährt und stärkt, heraus und opfert sie dann auf dem Altar der Effizienz und Produktivität.
Ich finde, dass wir Erwachsenen hier eine neue Balance benötigen, damit die Kinder in unserer Umgebung wieder eine frische Atemluft aufnehmen können, nicht die verbrauchte, von Hitze und Reibung geschwängerte Luft.
In unserer unmittelbaren Umgebung, in der Erwachsene auch mal Ruhe finden und zu sich kommen können, sich mit wesentlichen Dingen verbinden können, finden Kinder dann auch wieder leichter zu sich, ihrem Körper und dem, was sie ganz unmittelbar stärkt.
Gerade gestern (an einem Samstag) war ich mit meiner Tochter in einem Einkaufszentrum. Es war sehr viel los, eine große Betriebsamkeit und Unrast war für mich wahrzunehmen. Eigentlich wollten wir noch eine Tasse Cafe zusammen trinken und haben einen Moment im Trubel still gestanden und wahrgenommen. Ganz unabhängig voneinander sind wir beide zu dem Schluss gekommen, dass es besser für uns wäre, nach Hause zu fahren.
Ganz nebenbei hatten wir uns in dieser Umgebung der Hektik und Betriebsamkeit in kleine Roboter verwandelt und funktionierten in dem Setting ‚Einkaufszentrum‘. Doch es hat uns eine Menge Kraft gekostet. Ich bin dankbar, dass ich inzwischen das Gespür habe und mich bewusster dafür entscheiden kann, wann ich mich in diese Welt begebe und wann es wichtig ist mich wieder in eine andere Welt zu bewegen, eine, die mich nährt.
Vielleicht eine Anregung für dich, gerade in nächster Zeit einmal bewusst darauf zu achten, durch welche Tätigkeiten du welchen „Altar“ anbetest und vor allem auch eine Blick auf die Kinder zu haben, die in deiner unmittelbareren Umgebung 'deine Atemluft' aufnehmen, sei es die, die hitzig und aufgewärmt ist oder die, die kühler und frischer und nährender ist.
Es ist für mich nicht so sehr ein 'richtig' oder 'falsch' in diesen Welten, sondern vielmehr ein bewusster Tanz zwischen messbaren Ergebnissen, der Produktivität, der Effizienz, der Freude und dem Wunder. All das mag wertvoll sein, doch die Dosierung macht es. Was meinst du?
Hier findest du die Möglichkeit dich für ein Unverbindliches Kennenlerngespräch einzutragen.
Selbstoptimierung für Eltern
Selbstoptimierung für Eltern, ein Wirbelsturm ohne Vorwarnung.
Bist du mal mit Eltern in Kontakt gewesen, die genau die ‚richtigen‘ Produkte und vor allem die ‚richtigen’ Ansätze haben, um ein Kind gesund und anspruchsvoll aufwachsen zu lassen?
- Es muss genau die richtige Windel sein, ganz egal ob Stoff oder Plastik oder ganz ohne Windel.
- Es sind nur diese Klamotten die richtigen, egal ob ökologisch oder modisch, noch besser beides.
- Es muss genau der Kinderwagen dieser Marke sein, oder das Tragetuch, welches…
- Es muss genau dieser Kindergarten mit jenem pädagogischen Anspruch sein.
- Es muss genau und nur das Computerspiel, mit pädagogisch wertvollem Ansatz sein.
- Es geht nur mit unschooling
- Es geht nur im Kielwasser, dieser oder jener Vorbilder.
In meiner Liste kannst du bereits feststellen, dass die richtigen Produkte mit den richtigen Ansätzen verschwimmen.
Inzwischen gibt es im Bereich Erziehung und Lernen auch noch die richtigen Wege der endlosen Selbstoptimierung für Eltern. Hier erfährst du nun wie sehr, vor allem ständig, du an dir arbeiten musst. Das ist wichtiger denn je, damit du nun garantiert richtig authentisch, richtig wohlwollend und richtig förderlich und auch richtig achtsam und gleichwürdig bist. Alles für die optimale Entwicklung deines Kindes.
Puh, das kann schon verdammt anstrengend sein, 'richtig' Eltern zu sein.
Früher musste man vielleicht lediglich den richtigen Kinderwagen haben (ich habe an anderer Stelle mal darüber geschrieben, wie ich vor 24 Jahren mein erstes Kind nicht bekommen konnte, bevor ich einen Kinderwagen hatte) und heute gerät man als Eltern schon mal schnell unter diesen Optimierungszwang im Bereich Erziehung und Lernen. Noch bevor dein Kind überhaupt geboren ist, kannst du dich schon mit Kursen zupflastern.
Gemeinsam ist diesem äußeren und inneren Zwang, dass es von Bedeutung zu sein scheint, als Eltern alles „richtig“ zu machen.
So schnell sitze ich als Mutter der sehr anstrengenden Vorstellung auf, das es ein „Superkind“ werden würde, wenn ich nur alles „richtig“ machen würde. Naheliegender ist eher der Gedanke, 'ich mache sicher einiges falsch, weil mein Kind hier und da aneckt'.
Und so, wie ich diese gehaltvolle, verstaubte Luft von „richtig“ und „falsch“, in den ungelüfteten Klassenräumen meiner eigenen Schulzeit, inhaliert habe, so trage ich das wahrscheinlich umhinterfragt in meine Ideen von Erziehung und Lernen hinein.
Schuldgefühle umschwirren mich und noch immer hechte ich dieser Anforderung hinterher, es endlich „richtig“ machen zu können. Vor mir verflüchtigt sich dieses hehre Ziel immer. Ich komme mir vor, wie ein Kind, das dem Regenbogen hinterher jagt.
Bei dieser Jagd, die ich nicht gewinnen kann und bei dem Entkommen vor diesen Schuldgefühlen, erfahre ich ab und an eine gewisse Erleichterung durch die Vorstellung, dass es nach dem nächsten Erziehungstip, den ich erhaschen muss, vielleicht leichter werden könnte.
Ich verbeiße mich in der Idee, dass ich ständig aus meinen Fehlern als Mutter lernen müsste, mich ständig optimieren und verbessern müsste.
Bei diesen Tonnen an Informationen im Internet, in Büchern, Bemerkungen von Lehrern und Erziehern, habe ich ständig den Eindruck, dass ich besser sein müsste. Wenn ich dies und das nun endlich besser verstehen würde, die Angelegenheiten um mein Kind sachgemäßer angehen könnte, dann, ja dann hätte ich dieses oder jenes Problem mit dem Kind nicht.
Und weiter drehe ich mich in der Endlosschleife, auf der Suche, ob es da draussen jemanden gibt, der das alles viel besser im Griff hat, als ich?
Dabei gibt es im Grunde nichts, worüber ich mich schuldig fühlen müsste. Wenn du zu den Lesern dieses Textes gehörst, dann vermute ich, dass du sehr stark damit beschäftigt bist, dein Bestes zu geben. Ich gehe einfach davon aus, dass dein Bestes für diesen Moment gut genug ist. Was fehlt könnte im Grunde eine gewisse Verankerung in dir selbst sein, sowie die Information, dass du kleine Gänseschrittchen gehen kannst und einfach jeden Tag ein wenig mehr liebevoll mit dir selbst sein kannst.
Ich mag inzwischen die Selbstakzeptanz viel lieber als die Selbstoptimierung, kommt sie mir doch viel weicher, weiblicher und wohlwollender daher, als diese Selbsstoptimierungs -Maschinerie, nüchtern, durchgetacktet und ein wenig anmaßend in den tausenderlei Ansprüchen.
Zu groß und zu stürmisch ist dieser Irrsinn ‚da draussen‘, wenn du nicht heute damit fortfährst dich zu erden. Zu leicht, wirst du davon getragen, wie Dorothee in der ‚Zauberer von Oz‘.
Sie wird samt Haus im Wirbelsturm davon getragen und findet sich dann auf dem Weg zurück ‚nach Hause‘. Dabei begegnet sie all diesen merkwürdigen Mitgeschöpfen, die ein Teil von ihr sind.
Auf ihrem Weg lernt jedes Mitglied dieser seltsamen Truppe was über sich selbst. Sie haben Ecken und Kanten und Unvollkommenheiten und bilden schließlich eine Freundschaft. Sie akzeptieren sich, so wie sie sind.
Nachtrag: Sich selbst zu akzeptieren, darin kann man sich sicher auch selbstoptimierten. Hier muss ich mich sicher an der eigenen Nase packen, darüber genauer nachdenken und dann lachen.
https://www.youtube.com/watch?v=p_zTwW02OPY
Vielleicht interessant für dich? Ab 18.03.16 gibt es den 1. Internationalen online Bildungskongress für freies Lernen und selbstbestimmte Bildung. Über 50 super interessante Referenten. Kostenlos. Info und Anmeldung hier: http://bit.ly/1UUG4f4