Ein Loblied an das Nichtwissen. So frei wie Kinder lernen (könnten)
Ein Loblied an das Nichtwissen. So frei wie Kinder lernen (könnten)
Kleine Kinder haben keinerlei Problem mit alldem, was sie nicht wissen. Sie gehen vollkommen in ihrer Forschungswelt auf und alles, was sie nicht wissen, hat in jeder weiteren Sekunde keinerlei Bedeutung für sie. Sie hangeln sich am Nichtwissen entlang, alles was sie noch nicht wissen, bewerten sie nicht. Wie toll ist das denn!
Irgendwann auf dem Weg sind die Erwachsenen Jene, die damit beginnen, ob bewusst oder unbewusst, diese tolle Lernwelt der Kinder zu verstellen.
Ganz plötzlich bekommt all das, was wir als Mensch nicht wissen eine überbordende Bedeutung.
In kleinen, kaum wahrnehmbaren Schrittchen pflanzen wir diesen unsäglichen Gedanken, dass es wichtig sei, viel, wenn nicht alles zu wissen.
Fortan rennt jeder Mensch wie ein Esel der Möhre hinterher. Wir haben damit das Rennen um das große Wissen begonnen. Ein Rennen, dass wir vermutlich nicht gewinnen können.
Ein Riesen Geschäft ist aus dem entstanden, was es angeblich (noch ) zu wissen gilt.
Dabei liegt ein wesentlicher Kern der Zufriedenheit und des Friedens darin begründet, anzuerkennen, dass man nicht alles weiß.
Nichtwissen ist ein wesentlicher Aspekt des Menschseins und wir täten gut daran, Kindern nicht unaufhörlich das Gefühl zu geben, dass sie sich auf einer Rennstrecke befinden.
Es gibt inzwischen so unermesslich viel zu wissen, was angeblich wichtig wäre.
Ich denke, es wäre wichtiger dem Ruhen und Wachsen im Nichtwissen, wie es die Kleinsten hatten, wieder Bedeutung zu geben.
Wer, wenn nicht die Kleinsten, mit ihrer unnachahmlichen Art, sind die wahren Meister im Erlangen von wertvollem Wissen. Ein Vertrauen in der Erkenntnis, dass alles zu seiner Zeit bei dir ist.
Ich helfe Erwachsenen dieses unerschütterliche Vertrauen in die Kinder aufzubauen, das Familien durch die Unwägbarkeiten des derzeitigen Bildungswegs junger Menschen trägt. Es ist die Kraft der Erwachsenen ( Eltern wie Pädagogen ), die die Kinder tragen und stärken kann, auch wenn sie an vielen Orten noch lange nicht in den Bildungsstukturen leben können, die ihr Menschenrecht ist. Hier kannst du Kontakt mit mir aufnehmen.
Foto:susana coutinho/unsplash
Kannst du durch Fehler hindurch die Perfektion schauen?
Ich habe es wie kleine Nadelstiche empfunden, als Erwachsene in meiner Kindheit meine Versuche, mich in dieser Welt auszubreiten und zu lernen, limitiert haben.
Stell dir nur vor, da ist ein junger Mensch, der sich ausprobieren möchte, Dinge untersuchen und in Erfahrung bringen möchte und seine ‚Gehversuche‘ werden ständig kommentiert, bewertet und pädagogisch wertvoll in eine andere Richtung umdirigiert. Dieser junge Mensch möchte sich ausdehnen. Er ist im Grunde wie ein Luftballon, der sich selbst anfüllt und sich im Raum weiten und bewegen möchte. Um diesen Ballon herum tausend kleine Nadeln platziert, die nur darauf warten, dieses von Wissbegier und Lebensenergie geladene Menschenkind in einer gewissen Form zu halten, nicht zu groß werden zu lassen. Nadelstiche wollen ein Kind formen und wahre Größe verhindern.
Ganz allgemein ist es noch immer so, dass diese Nadeln durch unser defizitäres Denken repräsentiert sind. Die Nadeln vermitteln ständig, dass ein Kind in dieser oder jener Form nicht genügt. Es sollte anders sein. Es sollte besser lernen, es sollte von Geburt an durchschlafen, es sollte musikalisch sein, oder es sollte besser in Deutsch oder Mathe sein….
Erwachsene sind es so sehr gewohnt Defizite zu erkennen und auszumerzen, dass es uns, gerade im Leben mit Kindern so schwer fällt deren Perfektion zu sehen und anzuerkennen. Es ist, als ob wir durch unsere eigene Erziehung gelernt hätten die Kinder durch ein Brille zu schauen, die gelb gefärbte Gläser hat.
In meinem Leben gibt es einige Erwachsene, darunter auch einige Lehrer, die in der Lage waren, mich durch eine anders gefärbte Brille zu schauen. Sagen wir, diese Gläser wären hellblau gewesen.
Ich erinnere mich insbesondere an meine Deutschlehrerin, eine sehr stille, zurückgezogene Frau, mit einem verschmitzten Lächeln.
Ich war keine Leuchte in Deutsch, Rechtschreibung und Komma Setzung hat nicht zu meinen Stärken gezählt. (noch immer nicht ;) )
Doch diese Frau hatte etwas, (blaue Brillengläser, durch Wohlwollen gekennzeichnet), dass durch die Fehler in Deutsch, in Komma Setzung und Rechtschreibung , hindurch geblickt hat und m i c h gesehen hat. Es war sehr wohltuend in ihrer Nähe zu sein und sie hat durch ihre Art dafür gesorgt, dass die Fehler, die ich machte, nicht an mir haften blieben, nichts über meinen Wert aussagten, sondern im Grunde nur der derzeitige Stand meines Irrtums waren. Sie konnte mich durch die Fehler schauen und ihre Art spiegelte mir, dass ich gut sei. Ich erinnere mich an ihre wohlwollende Art. (In Erinnerung Frau Würtz)
Da ist meine erste Mentorin, von der ich so unglaublich viel gelernt habe. In ihrer Art hat sie mich nun über 30 Jahre begleitet und sie im Besonderen hat die Gabe, mich durch diese blau gefärbten Gläser zu schauen. Von ihr stammt der von mir oft zitierte Satz „…see the Perfektion.“ (Linda Tellington Jones)
Nicht nur, dass ich das in ihrer Gegenwart empfinde, sondern sie hat mich gelehrt, bei meiner ‚Arbeit im Alltag, diese Brille mit den blauen Gläsern aufzusetzen, Ich muss mich zwar immer wieder selbst daran erinnern, doch diese Grundhaltung hat in mir Wurzeln geschlagen.
Vergangene Woche habe ich ein Seminar besucht und habe erneut die Erfahrung gemacht, wie es ist, wenn man vom Seminarleiter/ Coach durch eine blaue Brille geschaut wird. Die Fehler, die man im eigenen Lernprozess begeht, haben nicht diese Bedeutung und wirken nicht schwächend oder erniedrigend. Die Fehler werden im Grunde zu Treppenstufen auf einem Lernweg hin, in die eigene Kraft. Dies um so intensiver, je mehr ein Lehrer, Dozent, Elternteil, Therapeut oder Coach in der Lage ist, sein Gegenüber durch eine blaue Brille zu schauen. (Danke Herr Etrillard)
In all den Jahren habe ich die Erfahrung machen dürfen, dass Menschen, mir denen ich tiefer in Verbindung gehen konnte, weil sie ihre Nadeln aus der Hand gelegt haben und mir Raum gegeben haben, besonders nachhaltig für meinen Lernprozess waren.
Dadurch, dass sie, wahrscheinlich bewusst, die Nadeln aus der Hand gelegt haben und blaue Brillen aufgesetzt haben, konnte das wundersame Lernen geschehen, dass ist diese Art Lernen, die zwischen den Zeilen geschieht. Es ist die besondere Zutat der Menschen, von und mit denen wir lernen.
Diese Menschen sind keine weichgespülten Softies. Sie können trotzdem streng, treibend, herausfordernd und manchmal hart sein. Sie vermitteln durch ihre Haltung etwas unausgesprochenes , etwas, dass im Lernprozess wie ein super Dünger wirkt.
Es ist eine einzigartige Kombination aus Güte, Demut, Wohlwollen und der Fähigkeit die Perfektion im Gegenüber zu sehen.
Lernen spielt sich in den Geheimgängen unseres Miteinanders ab.
Ich lade dich ein, folgende Fragen für dich zu reflektieren:
- Gibt es in deiner Vergangenheit und in deinem gegenwärtigen Leben Menschen, von denen du einfach weißt, dass sie dich in deiner Größe sehen (durch eine blaue Brille)?
- Wie oft am Tag siehst du die Menschen in deiner unmittelbaren Umgebung durch eine gelbe oder blaue Brille?
- Erspüre in der Gegenwart eines Menschen, der dich wohlwollend betrachtet, wie angenehm und entspannend es sein kann? Stell dir vor, diese Person, würde dich ständig schulen, ändern, unterrichten oder fördern wollen?
- Beobachte, wo du im Alltag deine auf das formale Lernen ‚genadelte' Energie abziehen kannst? Wie /wo kannst du sie auf die Beziehungsebene umlenken?
Gerne lese ich deine Erfahrungen und deine persönliche Wahrnehmung zu meiner Inspiration für diese Woche.
Kannst du durch Fehler hindurch die Perfektion schauen?
Kleiner Nachklang: Im übrigen schauen kleine Kinder uns Erwachsene durch eine Brille mit blauen Gläsern. Fast unumstößlich sehen sie bis zu einem gewissen Alter die Perfektion.
Einschulung für Querdenker
Einschulung für Querdenker - wo nur bleibt das einfache, natürliche und naheliegende Lernen?
Die Einschulung ist vielerorts ein freudvolles Ereignis. Doch endet die Freude auf das von Erwachsenen künstlich aufgebauschte Thema oftmals schon nach wenigen Tagen. Stress, Tränen, Bauchweh, Druck und gesundheitliche Folgen zeigen sich hier und da schon nach wenigen Tagen. In meinem heutigen Video (4,4 min) möchte ich dich an das Naheliegende und das Natürliche beim kindlichen Lernprozess erinnern und dir Impulse dafür geben umzudenken, für den Fall, dass dein Kind erste Symptome zeigt. Ich erkläre dir, dass dein Kind vielleicht wunderbar gesund ist, nur leider das Umfeld unter Umständen wenig flexibel. Lernen darf leicht und freudvoll sein....
Gerne lese ich deine Anregungen zum Video und freue mich, wenn du ihn teilst.