20:15-eine gewöhnliche Uhrzeit, die mich viel lehrte. Aber das dauerte seine Zeit.
Ich erinnere mich sehr genau an die Zeit, als meine ersten Kinder klein waren und an manchen Abenden eine gewisse Verkrampfung in mich einsickerte.
Meine müden Körperzellen suchten nach einer Möglichkeit sich entspannen zu können. Als sehr sensibler Mensch, waren ich in der Gegenwart meiner Kinder immer auf Antennenempfang eingestellt.
Es fühlte sich an als ob eine Art ‚Achter-Sinn-Programm‘ vorhanden war, das mir ein ständiges aufmerksam und ‚auf die Kinder‘ gerichtet sein abverlangte.
Es war mir zu dieser Zeit nicht möglich, einfach nur im Haus zu sein, die Kinder um mich herum, und im selben Moment entspannt und gelassen zu sein. Die Kinder hatten einen Sog auf mich. Selbst, wenn sie im anderen Raum spielten, so waren meine Ohren feingetuned und meine Augen scannten den Haushalt nach Gefahrenquellen.
Stell dir ein Computerprogramm vor, das mit einer fortwährenden Aktualisierung im Hintergrund läuft und eine Menge meiner, sprichwörtlichen, Akkulaufzeit verbrauchte.
- So konnte bei einem zweijährigen ein unachtsam abgestellter Gegenstand eine Gefahr bedeuten.
- Ein nicht sorgfältig weggelegter Autoschlüssel konnte ein großes Problem verursachen.
- Eine nicht verschlossene Haustür, hätte dazu geführt, dass die Älteste (2 Jahre) mal eben spazieren gegangen wäre, während ich die Schwester gestillt hätte.
Nicht schlimm denkst du vielleicht. Aber, wenn der am Haus vorbei fließende Bach Hochwasser hat, oder der naheliegende Teich nicht eingezäunt ist, dann waren Antennen und bestimmte Sicherheitsvorrichtungen wirklich von Bedeutung.
Das kennst du sicher auch sehr gut?
Das Leben mit vielen Kleinkindern hat mich sehr achtsam und bewusst werden lassen und mir vorausschauendes Denken gelehrt. Vielleicht war es damals übertrieben? Vielleicht war es auch angemessen? Wer weiß das schon?
Diese dauernde innere Anspannung kumulierte meist gegen Abend und ganz leise dampfte dann meine Ungeduld zwischen den Körperzellen hervor. Sie machte sich bemerkbar, indem ich einfach fordernd und ‚pushend’ wurde.
Wenn man diese Ungeduld und Sehnsucht nach Entspannung hätte wahrnehmen können, dann hätte man mich in einem Bagger sitzend gesehen und ich hätte die Kinder mit Maschinenkraft und dem Vorderlader einfach nur ins Bett geschoben.
Ich wünschte mir sehnlichst, dass die Kinder schlafen und ich sie einfach nur friedlich träumend in einem Bett wusste. In der Hoffnung, diese innere Anspannung des ‚antennig sein müssens‘ endlich loslassen zu können. Abzugeben dieses Tonnengewicht der Verantwortung.
Gegen Abend wollte ich nichts Besonders, ich hätte damals nicht lesen wollen, nichts intellektuell anspruchsvolles machen wollen. Ich wollte diese feingetunte nach außen Gerichtet sein loswerden und auf mich selbst gerichtet sein, ganz auf mich selbst und nur für mich selbst.
Das habe ich mir aber dann meistens nicht genommen, sondern habe damals einfach darauf gewartet, dass ich um 20.15 Uhr irgendeinen Film im Fernsehen anschauen konnte. 20:15 Uhr wurde zu dieser Uhrzeit im Leben mit den Kleinkindern, die mich nach 20:00 Uhr in ein ungeduldiges, genervtes Bündel mit Haaren auf den Zähnen verwandelt haben. Plus minus gegen 20:00 fiel ein Schlagbaum, dessen kontrollierte Abwärtsbewegung von mir regelrecht unbewusst programmiert war.
Mein Bedürfnis war, mein Nervensystem auf Durchzug zu stellen zu können, nicht angespannt sein zu müssen, sondern ‚Leerlauf‘ im Kopf haben zu können. Leerlauf im Kopf bedeutet für mich verbunden zu sein, mit dem, was im Moment ist und nicht einem Dauerprogramm von verselbstständigten Gedanken ausgesetzt zu sein.
Damals hätte ich es nicht formulieren können, aber im Grunde war es nicht die Fernsehsendung, die ich wollte, nicht die Zeit zu zweit, nicht das Bedürfnis mal wieder auszugehen, sondern mir war danach angefüllt und verbunden mit mir selbst zu sein. Ich hatte damals keine Ahnung, dass die Lösung nicht in der Fernsehsendung liegt und auch nicht im freien Abend.
Erst Jahre später (und mit weiteren Kleinkindern) habe ich das verstanden und damit begonnen, diesen ‚Leerlauf‘ im Kopf über Tag bewusst herzustellen. Ich habe erkannt, wie wichtig es für mich wurde, dass ich verteilt über den Tag, diesen Sekunden-Leerlauf selbst herstelle. Das habe ich getan, indem ich begonnen habe, sekundenweise die Augen zuschließen, auf meine Atmung zu achten, kurze Spaziergänge zu machen oder ähnliches. Selbst das tägliche Misten des Pferdeauslaufs wurde zu einer Art benötigter „Meditation".
Ich habe also über einen sssseeeeeehhhhhrrr laaaaaannnggggeeeeeen Zeeeeeiiiitttraum erlernen können, diesem, meinem eigentlichen Bedürfnis nachzugehen. Damals dachte ich, dass es ein Fernsehfilm um 20:15 seine müsste.
Welch’ ein Glück, dass man Filme damals noch nicht streamen konnte, sonst hätte ich dieses wertvolle Wissen vielleicht nicht realisiert. ;)
Heute weiß ich, dass es darum geht mich so oft als möglich über den Tag ‚rückzuverbinden‘, mit SEIN.
Fühle ich mich schuldig, dass ich das damals noch nicht wusste oder selbst realisieren konnte? Fühle ich mich schuldig, dass ich an so manchem Abend eine blöde Uhrzeit vor die Bedürfnisse meiner Kinder gestellt habe?
Nein.
Wir lernen, indem wir Erfahrungen machen. Hoffentlich weniger und weniger durch Verletzungen der anderen (und mir selbst) gekennzeichnet. Und mit wachsendem Bewusstsein, darüber, wer ich bin.
Bitte schau dir meine Angebote für Beratung an. Hier kannst du nachlesen, ob etwas für dich dabei ist? Vielleicht möchtest du an meinem reichhaltigen Wissen teilhaben, dass ich bezüglich Erziehung und Lernen realisiert habe.
Impulse zu Abschiedsschmerz und Trennung
Meine Impulse zu Abschiedsschmerz und Trennung. Eine etwas andere Art über kleine Kletten nachzudenken.
Viele Mütter von Babys und Kleinkindern sind sich gar nicht darüber bewusst, wie sehr sie im „System‘ ihrer Kindes sitzen“ oder mit anderen Worten: Wie sie auf dem Kind sitzen, so dass das Kind unfähig wird eigene Entscheidungen zu treffen. Durch diese quasi energetische Überbehütung schaffen sie sich selbst und den Kleinsten Schwierigkeiten. Es sind oft gerade Mütter, die sich darüber beschweren, dass sich das Kind nicht vom Vater ins Bett bringen lässt, man das Kind 'noch' nicht mit dem Babysitter alleine lassen kann. Sie können nicht alleine duschen gehen, oder telefonieren. Mama kann, obwohl das Kind schon fast in die Schule geht, nicht woanders übernachten. In fremder Umgebung kann sie sich nicht frei bewegen, weil sie immer eine kleine Klette am Bein hat. Von außen betrachtet kann man eine Art unsichtbare Nabelschnur wahrnehmen, die eher als eine Art Fußfessel fungiert. Beide Beteiligten sind auf eine Art gestresst und genervt. Daraus folgt, dass sie sich in einer gewissen Form in einer Abhängigkeit befinden und dann bei darüber klagen. Die Mutter berichtet mir, was sie alles nicht kann, weil das Kind sie nicht in Ruhe lässt. Das Kind ist oftmals sehr unruhig und fordert ständige Aufmerksamkeit und die Mutter muss ‚funktionieren’, damit es nicht zu viel Gequengel und Unzufriedenheit gibt. Das ist entsetzlich anstrengend. Für beide, diesseits und jenseits der Fußfessel hat es mit Leichtigkeit und Freude nichts zu tun.
Natürlich kann man das nicht verallgemeinern und muss mit den Altersstufen der Kinder hier sehr differenziert umgehen. Nichts desto trotz möchte ich dir eine Art Eindruck, Geschmack oder Geruch dieser Tendenz geben, damit du es für dein Leben mit deinem Kind selbst überprüfen kannst. Hier einige Beispiele aus unterschiedlichen Altersstufen.
- „Wir haben die Hose voll.“ Was die Mutter damit meint ist, dass ihr Kind eine frische Windel benötigt.
- Das etwa vier jährige Kind hat sich im Raum freigespielt, hat Spass und Freude. Ich frage die Mutter, ob wir in die Küche gehen, um eine Tasse Cafe zu trinken? Noch bevor das Kind reagieren kann, sagt die Mutter: Sie ist erst 4. Sie bleibt noch nicht alleine. Sie hätte sagen können: „Du, ich will mit Uta in die Küche gehen, einen Cafe trinken.“ Dann wäre das Kind frei und unabhängig von ihrem dafürhalten gewesen. Frei, in seinen Entscheidungen.
- Wir haben diese Familie zu Gast. Wir sitzen am Essen. Ich frage, wer Salat essen möchte und gebe die Schüssel weiter. Ich spreche das 4 jährige Kind an und frage, ob er auch Salat möchte? Noch bevor er überhaupt nachdenken und antworten kann, hat mir die Mutter bereits mitgeteilt, dass er keinen Salat isst. Er hat keine Chance für sich selbst zu entscheiden, zu probieren. Er kann nicht frei für sich einstehen. Oftmals ist es so, dass Kinder gerade in fremden Umgebungen, unter geänderten Umständen andere Dinge essen, ausprobieren oder testen. Selbst wenn ich weiß, dass mein Kind dieses und jenes nicht mag , isst oder tut, dann ist es trotzdem wichtig, mich immer wieder zurück zu nehmen, damit das Kind nach seinen eigenen Empfindungen und Entscheidungen navigieren kann. Es ist sonst nicht frei und „hängt“ an mir.
- Eine weitere Weise „im Kind zu sitzen“ beseht darin immer wieder für das Kleinste zu sprechen, aus Unsicherheit, dass man dir als Mutter mangelndes Verständnis oder Unfähigkeit, dein Kind zu „steuern“, vorwerfen könnte. Das merke ich daran, wenn ich immer wieder höre, dass ein weinendes Kind angeblich müde ist oder Bauchschmerzen hat. Diese Erklärungen dienen oftmals als eine Art Entschuldigung. Es bedeutet aber im Grunde, dass man „im Kind sitzt“, seine Empfindungen und Verhaltensweisen erklärt und sich damit in das Nervensystem des Kindes einschleicht und es steuert.
- Ich gehe durch die Stadt. Immer wieder sehe ich, wie Eltern ihre Kinder aus meinem Weg zerren, aus Sorge ich könnte sie übersehen oder sie würden mir im Weg stehen. Auch das bedeutet, dass ich dem Kind in seinem Wesen und seiner Einzigartigkeit keinen Raum gebe. Ich muss es aus dem Weg zerren, wenn ich nicht auf diese kleine Person vertraue, dass sie gesehen und wahrgenommen wird. Ich stülpe meine Wahrnehmung der Dinge über das Kind und mache es in einer Art abhängig von mir und meinen Einschätzungen. Auch damit verursache ich, dass Kinder sich nicht frei und unabhängig bewegen können. Ich verhindere, dass sie als Person wahrgenommen werden. Ich mache sie von mir abhängig.
Diese kleinen Beispiele sollten dazu dienen, um zu verdeutlichen, wir sehr wir Erwachsene im Alltag darin gefangen sein können unsere Wahrnehmungen und Geschichten über die Kinder zu stülpen. Wir vermindern aus mangelnder Achtsamkeit dem Kind und seiner Person gegenüber, dass sie sich frei entwicklen können. Wir verhindern dadurch, dass sie zu freien und selbstständigen, kleinen Personen werden. Das bindet die Kinder oftmals an unsere Wahrnehmungen und bedeutet, dass sie sich nicht frei und eigenständig entfalten können. Auf diese Art und Weise ist es gut möglich, dass ich kleine Kletten ‚erziehe‘, indem ich ihnen nicht die Eigenständigkeit und den Raum einräume, den sie benötigen, um ihrem eigenen, inneren Empfinden zu folgen. Ständig bin ich schneller, oder bevormunde auf meine unachtsame Art ihre Äußerungen im Lebensraum. Unter Umständen bin ich mir als Erwachsener darüber nicht bewusst, aber ich schaffe Abhängigkeiten des Kindes von mir, indem ich mir nicht im klaren darüber bin, dass das Kind ein eigenständiges, komplettes, perfektes Wesen ist, dass seine Belange selbst steuern kann.
Angerufen werde ich von der gestressten, überforderten Mutter. Sie berichtet mir, wie schwer der Alltag mit ihrem Kleinkind ist. Oftmals ist alleine die Bewusstheit über diese Zusammenhänge von großer Bedeutung für das entspanntere Familienleben. Die Mutter lernt über die Achtsamkeit und Bewusstheit über ihre eigenen Verhaltensweisen, dem Kind mehr Raum zu geben und schon vereinfachen sich viele stressige Punkte im Alltag.
Gerne lese ich deine Anmerkungen zu diesem Text und freue mich, wenn du ihn teilst.
Für den Fall dass, Themen um Bindung und Lösung von Abhängigkeiten für dich interessant sind, dann lade ich dich zu meinem nächsten Tagesseminar am Sonntag 24.01.16 ein. Info findest du hier: www.wundersameslernen.de/termine/
Und wenn der Weg zu weit ist, dann ruf mich einfach an. Ich freue mich, wenn ich unterstützend in deinen Fragestellungen sein kann. Tel 06477 - 9119119
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